15.04.2023 Abschaltfest in Neckarwestheim

natürlich war auch die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe beim Abschaltfest in Neckarwestheim, unten einige Fotos von dem Tag.


Nachfolgenden Beitrag veröffentlichen wir gekürzt mit der freundlichen Genehmigung von Armin Simon – ausgestrahlt

Wir haben es geschafft: Die letzten drei AKW in Deutschland sind am Samstagnacht kurz vor Mitternacht vom Netz gegangen, wenige Minuten später kam die atomare Kettenreaktion zum Erliegen. Die Abschaltung aller AKW ist ein einzigartiger historischer Erfolg. Hunderttausende haben dafür in den vergangenen fünf Jahrzehnten (manche sogar schon davor) ihren großen oder kleinen Beitrag geleistet. Mit immer neuen Demonstrationen, Protestaktionen, Diskussionen und mit unvorstellbar langem Atem haben sie, hast Du, den guten Argumenten gegen Atomkraft Geltung verschafft. Ohne dieses Engagement und diese Hartnäckigkeit hätte es nie einen politischen Beschluss zum Atomausstieg gegeben – und erst recht wäre dieser nicht umgesetzt worden. Die Anti-Atom-Bewegung schöpft ihre Kraft aus ihrer Vielfalt. Trotz einst übermächtiger Gegner*innen hat sie, hast Du, haben wir gemeinsam gewonnen, nach 50 Jahren Auseinandersetzung. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! In Lingen, Neckarwestheim und München gab es deshalb gestern Abschaltfeste und Proteste.

Die AKW sind aus – und das ist gut so! Atomkraftwerke sind gefährlich. Und sie waren – anders als von der Politik behauptet – schon diesen Winter überflüssig. Das zeigt eine aktuelle Analyse von .ausgestrahlt und Deutscher Umwelthilfe.

Aus mindestens fünf Gründen ist das gestrige Aus für die letzten drei Reaktoren ein großer Erfolg und Schritt nach vorn:
1. Atom-Risiko drastisch reduziert
Das tagtägliche Risiko eines schweren Atomunfalls in Deutschland ist seit heute drastisch reduziert. Eine Kernschmelze in einem AKW ist hier in wenigen Tagen nicht mehr zu befürchten.
2. Atommüllproduktion gestoppt
Der Berg an hochradioaktivem Atommüll, den die Atomkraft in Deutschland produziert hat, wächst endlich nicht mehr weiter. Dies ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um einen gesellschaftlich akzeptierten und möglichst sicheren Lager-Ort dafür zu finden.
3. Leitung frei für erneuerbare Energien
Die unflexiblen AKW haben auch dann ihren Atomstrom ins Netz gedrückt, wenn mehr als genug Wind- und Solarstrom zur Verfügung stand. Damit verdrängen sie günstigen Öko-Strom und behindern den Ausbau der erneuerbaren Energien – physikalisch und wirtschaftlich. Damit ist jetzt Schluss.
4. Energiewende mit ganzer Kraft
Das Abschalten der AKW ist ein wichtiger und unverzichtbarer Schritt beim Umbau der Energieversorgung auf 100 Prozent erneuerbare Energien – wir haben ihn geschafft. Fortan wird keine Diskussion um AKW-Laufzeitverlängerungen den Kampf für Energiewende und Kohleausstieg mehr belasten.
5. Mut für mehr
Das Abschalten der AKW beweist: Wenn sich viele gemeinsam engagieren, können sie große Veränderungen bewirken und sich auch gegen sehr mächtige Interessen und Gegenspieler*innen durchsetzen. Das macht Mut für alle noch vor uns liegenden Herausforderungen.

Ausstieg, Einstieg, Kimaschutz
36 AKW sind in Deutschland im Laufe der Jahrzehnte in Betrieb gegangen. Zwei Dutzend weitere Reaktoren scheiterten schon vor Baubeginn oder Inbetriebnahme. Auch die WAA Wackersdorf, das „Nukleare Entsorgungszentrum“ in Gorleben und die Plutoniumwirtschaft in Hanau hat die Anti-Atom-Bewegung zu Fall gebracht. Vor allem aber hat sie den – inzwischen weltweiten – Siegeszug der erneuerbaren Energien mit losgetreten und damit die Energiewende erst möglich gemacht. Die Anti-Atom-Bewegung hat nicht nur den Ausstieg aus der Atomkraft durchgesetzt, sondern auch den Einstieg in die erneuerbaren Energien. Deshalb ist der Atomausstieg schon heute ein Erfolg auch für den Klimaschutz. Denn der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland hat nicht nur den wegfallenden Atomstrom komplett ersetzt, sondern darüber hinaus auch noch erhebliche Mengen Kohlestrom. Von 2000 – dem Jahr, in dem die rot-grüne Bundesregierung mit den AKW-Betreibern den ‚Atomkonsens‘ ausgehandelt und das Erneuerbare-Energien-Gesetz beschlossen hat – bis 2022 ging die Kohleverstromung in Deutschland um mehr als ein Drittel zurück.

Foto: Im Hintergrund Wolfgang Ehmke, im Vordergrund die beiden Moderatorinnen Ines vom ABC und Anete von der Anti-Atom-Ini KA

Trotz Abschalt-Erfolg:
Es gibt noch viel zu tun

CSU-Chef Söder hat vorgestern angekündigt, den Abriss der AKW zu verzögern, um sie nach den nächsten Wahlen wieder in Betrieb nehmen zu können. Das dürfte vor allem bayerisches Wahlkampfgetöse sein, zumal das Atomgesetz vorschreibt, die Anlagen unverzüglich zurückzubauen. Doch selbst ohne AKW ist das Atom-Thema noch lange nicht vom Tisch. Zahlreiche Probleme bleiben – und brauchen weiter unsere Aufmerksamkeit:
Atommüll und wohin damit
Kein Gramm Atommüll ist bisher sicher entsorgt. Berge an hoch-, mittel- und schwachradioaktiven Abfällen müssen möglichst sicher gelagert werden. Die Genehmigungen der Zwischenlager laufen in wenigen Jahren aus, ein „Endlager“ ist auf absehbare Zeit weiter nicht in Sicht.
Atomindustrie und Atomforschung
Zahlreiche Firmen in Deutschland machen weiter Atom-Geschäfte im In- und Ausland, von den Uranfabriken in Lingen und Gronau bis zu Zulieferern und Dienstleistern für AKW-Projekte weltweit. Selbst Forschung für neue Reaktoren findet in Deutschland noch statt – finanziert mit Steuergeldern.
Pro-Atom-Politik der EU
Auf EU-Ebene versucht die Atomlobby auf jede erdenkliche Weise, Atomkraft grünzuwaschen, günstige Bedingungen für AKW zu schaffen und Klimaschutzmilliarden in Atom-Projekte umzuleiten.
AKW in Nachbarländern
In etlichen Nachbarländern Deutschlands sind noch AKW in Betrieb, manche direkt an der Grenze, viele mit gravierenden Sicherheitsmängeln. Laufzeitverlängerungen und sogar AKW-Neubauten sind geplant. Wir müssen weiter Druck machen und uns gemeinsam um diese Themen kümmern. Bleib deshalb weiter auf dem Laufenden!

Herzliche Grüße
Armin Simon
und das ganze .ausgestrahlt-Team