Beitrag der Anti-Atom-Ini KA beim Energie- und Klimafestival KA

Am Sa. 24.09.22 hat das Energie- und Klimafestival in Karlsruhe stattgefunden. Die Anti-Atom-Ini KA hat mit 2 Beiträgen zu den Themen derzeitige Atompolitik, die Diskussion um die Laufzeitverlängerungen und das Joint Research Center/KIT Nord informiert

Liebe Energie- und Klimabewegte,

Anete Wellhöfer von der Anti-Atom-Initiative Ka spricht zu den Themen „derzeitige deutsche Atompolitik und die im Raum stehenden Laufzeitverlängerungen“.

Vor 50 Jahren entstand die Anti-Atom-Bewegung in Westdeutschland. Geplant war mal, 600 AKWs in Deutschland zu bauen, es wurden dann 37 AKWs gebaut und heute gibt es noch 3 AKWs die laut Atomgesetz zum 31.Dezember 22 abgeschaltet werden müssen. Allerdings haben wir derzeit eine Debatte um Laufzeitverlängerungen von zwei Atomkraftwerken, es geht um Isar in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg. Die Atomlobby ist laut, es ist ihre letzte Möglichkeit Atomkraftwerke in Deutschland weiter laufen zu lassen. Die aufgebaute Drohkulisse heißt Blackout.

Diese Drohkulisse kennen wir schon aus der Vergangenheit. Z.B. in den 70er Jahren gebrauchte sie der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Filbinger. Er sagte damals, wenn das AKW Whyl bei Freiburg nicht gebaut wird, dann gehen die Lichter aus. Whyl wurde nicht gebaut und die Lichter gingen nicht aus.

Genauso wenig ist Deutschland derzeit von einem Strommangel bedroht. Deutschland exportiert Strom. Allerdings haben wir einen Gasmangel. Das ist aber was ganz anderes und dabei helfen uns die AKWs, die Strom produzieren, nicht weiter.
Deutschland exportiert gewaltig viel Strom derzeit nach Frankreich, weil Frankreich 70 % seines Stroms aus AKWs erhält, die aber zu mehr als der Hälfte derzeit nicht laufen. Soviel zur Versorgungssicherheit durch AKWs.

Erinnert ihr euch noch, letzten Winter hatten wir eine Diskussion, wg. der EU-Taxonomie. Die EU-Kommission hat Ende 2021 die EU-Taxonomie verabschiedet, in der geregelt ist, dass Atom und Gas nachhaltig sind. Alle wissen, dass Atom und Gas eben nicht nachhaltig sind, aber es war von Frankreich und Deutschland politisch gewollt, dass Atom, das wollte Frankreich und Gas das wollte Deutschland, das EU Label Nachhaltigkeit erhalten. Es war ein Deal der nichts mit Fakten zu tun hatte.
Mehrere Umweltorganisation wie der BUND, Greenpeace, WWF und andere, arbeiten an einer Klage gegen die EU, eben wg. dieser EU Taxonomie.

Am 11.03.2011 ereignete sich der Atomare Super Gau in Fukushima. Danach wurde durch schwarz-gelb das Atomgesetz geändert, es wurden 8 AKWs abgeschaltet und 9 liefen weiter. Laut diesem Gesetz sollen bis zum 31.12.22 alle verbliebenen 3 AKWs abgeschaltet werden.

Eine Frage an euch, die ihr für euch im stillen beantworten könnt. Wie steht ihr zu dem Thema Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. Lehnt ihr eine Laufzeitverlängerung ab, seid ihr unentschieden oder findet ihr eine Laufzeitverlängerung ok?

Hier nun ein paar Argumente was gegen den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken spricht:

Wie sieht es denn mit dem Thema Sicherheit der noch 3 laufenden AKWs aus? Die letzte Sicherheitsprüfung liegt 13 Jahre zurück. Die Periodische Sicherheitsprüfung ist laut Gesetz alle 10 Jahre fällig. Das wäre 2019 gewesen. Diese Sicherheitsprüfungen wurden wg. dem Abschalttermin zum 31.12.22 zurück gestellt. Somit müssten bei einem Weiterbetrieb diese Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt werden. Aber, so eine Sicherheitsüberprüfung kann mehrere Monate dauern und kostet Mio. Die Atomkonzerne machen selber darauf aufmerksam, dass man entweder Sicherheitsabstriche hinnehmen muss, für die sie nicht haften werden oder man müsste nachrüsten. Es kann doch nicht sein, dass wir für die hochgefährlichen AKWs auf Sicherheitschecks verzichten, die selbst jedeR Autofahrer*in alle 2 Jahre durchführen muss.

Beispiel AKW NWH: Die EnBW investiert in dieses über 30 Jahre alte AKW nichts mehr, da man bisher davon ausging, dass es Ende 2022 stillgelegt wird. Es ist bekannt, dass es im Dampferzeuger durch Korrosion Spannungsrisse im Primärkreislauf gibt, über 350 Stück und es werden bei jeder Untersuchung mehr. Wir haben also ein AKW mit Rissen, wo ein Gutachter von ausgestrahlt sagt, das könnte zu einer Kernschmelze führen, und das AKW soll jetzt weiterbetrieben werden, ohne große Sicherheitsprüfung, die nämlich im laufenden Betrieb nicht möglich wäre. Für die große Sicherheitsprüfung müsste nämlich das AKW abgeschaltet werden.

Was uns allen Bedenken geben sollte ist, dass die Atomkonzerne bisher die Haftung und Risiken bei einer Laufzeitverlängerung oder einem Reservebetrieb ablehnen. Das würde heißen, dass der Staat bzw. wir als Steuerzahler*innen die Haftung übernehmen und die Risiken tragen. Die Stromkonzerne hingegen erhoffen sich Strompreissteigerungen über den Jahreswechsel hinaus, die sie alleine einstreichen.

Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe, der BUND und andere halten den Weiterbetrieb von AKWs für rechtswidrig und sie haben Klagen angekündigt. Also die Umweltverbände wollen dagegen klagen, dass die Gewinne der Atomkonzerne privatisiert werden und die Risiken wir die Steuerzahler*innen tragen.

Atomkraft ist die gefährlichste aber auch die teuerste Energie, die Erneuerbaren sind viel günstiger.

Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie, es besteht immer die Gefahr eines Super Gau. Die derzeit noch laufenden 3 AKWs sind alt, die Gefahr eines Unfalls steigt mit dem Alter der Anlagen. Deshalb müssen die AKWs so schnell wie möglich abgeschaltet werden.

Die derzeitige Lagerung und die geplante Endlagerung von mittel und hochaktivem Atommüll ist nach wie vor ungelöst.

Ein weiteres Argument. Atomkraft ist kein Weg aus der Klimakrise, denn längere Laufzeiten von AKWs blockieren die erneuerbare Energien. Man spricht da auch von Netzverstopfung.

Thema Uran: Deutschland bzw. Europa verfügt über kein eigenes Uran, deshalb sind wir auf Importe aus Russland, Kasachstan, Namibia, Kanada, Australien angewiesen. Uran unterliegt nicht dem Embargo der EU und deshalb werden derzeit 700 Tonnen angereichertes Uran aus Russland nach Lingen gebracht. Dort werden die Brennstäbe für die französischen Atomkraftwerke gebaut. Wenn wir also die Atomkraftwerke in Deutschland weiter nutzen, sind wir abhängig von Russland. Die EU hat bisher noch keinen Uranimportstop gegen Russland beschlossen. Da stimmt doch in er Logik etwas nicht, wie kann man bei all dem Embargo Hyphe trotzdem weiter Uran aus Russland beziehen?

Angenommen es käme zu einer Laufzeitverlängerung in Form einer Reserve oder eines Streckbetriebes, dann müsste davor das Atomgesetz im Bundestag geändert werden. Ohne Gesetzesänderung ist am 31.12.22 Schluss, so schreibt es das Atomgesetz vor.

Wenn wir darüber reden, warum AKWs abgeschaltet werden müssen, dann spielt dabei auch das Thema Krieg ein große Rolle. In der Ukraine zeigt sich der Irrsinn der Atomenergienutzung. Atomkraftwerke und Atommülllager sind hochradioaktive Angriffsziele und nehmen große Teile eines ganzen Kontinents, wenn nicht der Welt als nukleare Geisel. Es braucht keine Atomwaffen, für einen nuklearen Krieg. Flugzeugabstürze, ob durch Unfall oder durch Abschuss, Beschuss von AKWs, Terror- und Cyberangriffe gegen all das sind AKWs nicht geschützt. Nicht nur die Ukraine sonder auch wir sind an diesem Punkt sehr verwundbar. All die Gefahren die es bei der Atomkraft gibt, gibt es bei den Erneuerbaren Energien nicht, da gibt es nicht die Gefahr eines Super Gaus, wo weite Gebiete unbewohnbar sein werden.

Deshalb: die Zukunft liegt in den nachhaltigen, kostengünstigen erneuerbaren Energien und dem Ausbau der Speichermöglichkeiten.

Rede von Harry Block:
Guten Tag beisammen, Sie werden sich vielleicht auch gefragt haben, warum gibt es in Karlsruhe eine Anti-Atom-Initiative, wo doch unser Atommeilerbetreiber EnBW sein letztes Atomkraftwerk vom Netz nimmt. Ich will jetzt gar nicht die Probleme und Kosten der 4 sich im Abriss befindlichen Reaktoren darstellen.

Es geht hier und heute darum, Ihnen die Atomprobleme von Karlsruhe kurz aufzuzeigen.

Das größte deutsche Zwischenlager für schwach- und mittelaktiven Atommüll liegt keine 10 km von hier im Hardtwald im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe. Dieses Kernforschungszentrum gehört heute zum Campus Nord des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT). 65.000 Atommüllfässer lagern hier, in rund 6.500 Containern untergebracht und übereinander bis unter die Decke gestapelt, in einem Zwischenlager für schwachaktiven Müll. Bisher wurden erst 20.000 dieser Fässer auf Schäden kontrolliert. Dabei wurden 2.000 rostende Fässer und viele Container mit Korrosionsstellen entdeckt. Das Problem der Lagerung des Atommülls wird sich aber noch erheblich verschärfen. Auch das Lager für mittelaktiven Atommüll ist nahezu vollständig gefüllt. Deshalb wurde für rund 40 Millionen Euro ein neues Lager mit 850 Kubikmeter Lagerfläche für diesen Atommüll gebaut. Dieses Lager für sehr stark strahlenden, aber nicht wärmentwickelnden Atommüll wurde vor wenigen Wochen in Betrieb genommen.

Die Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE) ist für den Abriss der Atomanlagen im KIT Nord zuständig.Die Milliarden Euro zum Rückbau der Atomanlagen auf dem Gelände stammen aus unseren Steuergeldern. Was wird zurückgebaut:

  • Mehrzweckforschungsreaktor: Rückbau seit 37 Jahren
  • Schneller Brüter Karlsruhe KNK I+II: Rückbau seit 30 Jahren
  • Atomreaktor FR 2: Rückbau: seit 40 Jahren
  • Wiederaufarbeitungsanlage WAK: Rückbau seit 30 Jahren
  • Verglasungsanlage: Bau 2 Jahre, Rückbau noch nicht begonnen.

Abgerissen ist noch nicht einmal die Hälfte der Anlagen.

Sie alle haben großflächig die Region mit radioaktiven Aerosolen und Stauben über Jahrzehnte belastet und belasten diese noch heute. Die Kosten des Rückbaus in Karlsruhe beliefen sich bisher auf über 2,5 Milliarden Euro. Davon haben die Betreiber gerade mal 0,5 Milliarden übernommen. Den Rest zahlen wir SteuerzahlerInnen. Ein Ende der Kostenspirale ist nicht abzusehen, weil sich die Betreiber neuerdings auch nicht mehr an den Endlagerkosten beteiligen.

Aber die Atomgeschichte Karlsruhes ist nicht beendet. Sie beginnt gerade mit einem teuren, gefährlichen Neubau. Auf dem Gelände des KIT Nord liegt das Herz und das Hirn der europäischen Atomforschung.

Seit April 2017 ist das Joint Research Centre (JRC) Standort Karlsruhe (ehemals Institut für Transurane = ITU) auf dem Gebiet des KIT Nord ein geistiges und materielles Zentrum der europäischen Atomforschung, weil alle europäischen Atominstitute nach Karlsruhe verlegt wurden. Zurzeit wird dort ein neues Forschungs- und Lagergebäude, Bau ‚M‘, u. a. auch für die Lagerung hochradioaktiver Stoffe, gebaut. Wir kennen die großen Genehmigungs-mengen: 180 kg Plutonium, 359 kg Uran, Thorium 450 kg auch 30 kg Neptunium 238, 6 kg Americium 241 und und und. Das sind sehr große Mengen Nuklearmaterial für eine Forschungseinrichtung, die sich in ihren Werbebroschüren als Ausbilder von Zollbeamten und als weltweites Überwachungszentrum im Rahmen der IAEA darstellt.

Im JRC arbeitet man an neuen Brennstoffen für Atomreaktoren. Dazu wird im JRC eine neue Atombrennstäbe-Zusammensetzung gebaut, die zur Bestrahlung nach Frankreich oder England geschickt werden. Sie kommen wieder zurück und man untersucht, dass was in den Brennstäben passiert ist. Was wir immer noch nicht wissen, trotz vieler Anfragen an das Umweltministerium BW als Aufsichtsbehörde, was genau dort zum Thema neue Brennstoffe für neue Atomreaktoren der 4. Generation geforscht wird.

Weltweit werden derzeit mehr als 60 Kernkraftwerke geplant oder gebaut, zwei neue auch in Europa. Dazu kommen die Absichten für Neubauten von kleinen modularen Reaktoren, die wie andere Reaktortypen mit spezifischen neuen Atombrennstoffen aus der Zeit gefallen scheinen, diese werden heute intensiv beforscht. 

KIT und JRC Standort Karlsruhe waren über viele Jahre über das EU-Projekt SAMOFAR an Thorium-Flüssigsalzreaktoren beteiligt. Diese neuartigen Reaktoren, die es für Schurkenstaaten ermöglichen würde, schnell ohne Wiederaufarbeitung an waffenfähiges Uran 233 heranzukommen, gilt es zu verhindern. Diese Gefahren ungekannten Ausmaßes gehen auch von Bill Gates aus, bei uns von der AfD und neuerdings auch von der FDP. Sie fordern Kleine Modulare Reaktoren, sogenannte (SMR), die es bisher nur auf dem Papier gibt. Dafür werden neuartige Brennstoffe benötigt.

Diese Tatsachen und die Verzahnung mit Forschungsbereichen der Nuklear-Institute des KIT Nord und Teilen des KIT Süd gilt unsere Aufmerksamkeit. Dies alles läuft unter dem Etikett ‚Sicherheitsforschung‘. Wir haben uns vorgenommen, Licht in das Dunkel der europäischen bzw. weltweiten Forschung und Entwicklung zu neuen Atomreaktoren zu bringen, diese zu dokumentieren und die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen.

Die ForscherInnen des JRC werden dazu gebraucht, als ‚Atomaufsicht´ die Fehler zu überwachen und zu beseitigen, an denen sie und ihre Atomkolleginnen selbst ursächlich beteiligt waren. Die Einweihung des neuen Flügels ‚M‘ markiert den Rückschritt einer zukunftsfähigen europäischen Energieforschung. Das JRC erstellte das Gutachten für die Taxonomie-Entscheidung der EU. Gas und Atom sind danach nachhaltige Energieformen. Man glaubt es nicht.

Das größte Fass im KIT kann ich hier aus Zeitgründen nicht aufmachen. Die meisten Forschungsgelder des KIT Nord fließen nicht in die Forschung an regenerativen Energien, sondern in die Fusionsforschung.

Wenn Sie sich weiter informieren wollen, wir sind heute am Stand des Klimabündnisses für Sie da. Sie finden auch weitere Infos auf unserer homepage www.anti-atom-ka.de.