Leserbrief zum BNN Artikel: Forschung an neuartigen Atomreaktoren vom 18.11.2017 Aus der Region
Dieser Leser*innenbrief wurde von unserem Bündnismitglied Wolfgang Oberacker an die BNN geschickt, und wurde am 14.12.2017 stark gekürzt veröffentlicht.
Wie
im BNN-Artikel zu lesen, blieb vieles an diesem Abend beim Vortrag von
Whistleblower Dr. Rainer Moormann zu Forschungen an Atomreaktoren der 4.
Generation und zu seinen Arbeiten im Forschungszentrum Jülich ein Buch
mit sieben Siegeln. Was aber trotz der enormen wissenschaftlichen Tiefe
der Aussagen immer wieder an der Oberfläche und auch für nicht Physiker
oder nicht Chemiker zu verstehen war, nimmt dem Fragezeichen aus der
Überschrift die Aussagekraft.
Es ist nämlich sicher, dass uns
die Forscher im KIT und JRC (vormals ITU = Institut für Transurane) in
Karlsruhe auf der Gemarkung Leopoldshafen und Linkenheim, aber auch die
Genehmigungsbehörden in Stuttgart mit dem Begriff „Sicherheitsforschung“
an der Nase herumführen möchten. Dass dem so ist, ist eigentlich leicht
zu erkennen: an den riesigen Mengen dort gelagerter radioaktiver
Materialien, die eben für den Bau neuer Atomreaktoren und deren
Brennstoffen bzw. den Forschungen daran notwendig sind. Die dort
durchgeführten Forschungsarbeiten und Vorserienproduktionen zu
Flüssigsalzbrennstoffen sind keine reinen „Sicherheitsforschungen“,
sondern betreffen die ausdrücklich vom Umweltministerium verbotenen
Forschungen für neue Atomreaktoren der 4. Generation. Zur Erinnerung:
Deutschland steigt bis 2022 aus der Kerntechnik aus.
Fein säuberlich hat der Wissenschaftler aufgedröselt, dass z.B. wegen den extrem hohen AKW-Risiken fast alle Arbeiten zu AKWs als sicherheitsgerichtet eingeordnet werden können: „Entwicklungsarbeiten werden zu Sicherheitsarbeiten umdefiniert“. Deshalb forderte er dringend eine Präzisierung der anzuwendenden Sicherheitsdefinition auf politischer Ebene.
Zu verstehen waren auch die Mythen um die 4. Generation
Thorium-Reaktoren, mit denen unsere Forscher auch hier gerne werben. Sie
hoffen damit auf einen Wiedereinstieg in Deutschland in die Atomenergie
mit den Argumenten wie: sie seien hochsicher, hätten geringe
Entsorgungsprobleme, seinen nachhaltig oder sogar ökonomisch … alles
Behauptungen/Lügen (die nur der Arbeitsplatz-sicherung und dem Prestige
dienen). Die Zusammenarbeit von ITU und der Entwicklung in Jülich sind
in diesem Zusammenhang auch Thema des Vortrages.
Deutlich wurde
auch, dass durch die Entwicklungen an der 4. Generation Atomkraftwerke
die Gefahr der Proliferation (Weiterverbreitungsrisiko von Kernwaffen)
steigt und damit die Gefahr durch den internationalen Terrorismus in
sich birgt.
Was für die Zuhörer auch erschreckend verständlich
war: mit welchen kriminellen Methoden Moormanns früherer Arbeitgeber im
Kernforschungszentrum in Jülich agiert hat. Eine Havarie der
IAEA-Kategorie 4 bis 5 (verursacht durch ein illegal manipuliertes
Feuchtemessgerät) war intern und der Behörde bekannt, wurde aber
verheimlicht „um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen“.
Dass es zu keinen nuklearen und chemischen Explosionen, zu keiner Katastrophe wie in Tschernobyl oder Fukushima kam, lag nur daran, weil der Dampferzeugerriss sich nur langsam vergrößerte. Auch die gravierende Häufung von Kinderleukämie um Jülich im Zusammenhang mit radioaktivem Tritium im Grundwasser oder als 1988 trotz Embargo Know-how an den Apartheidstaat-Südafrika geliefert wurde waren für ihn ein Anlass, zum Whistleblower zu werden.
Die Liste der Verfehlungen war bzw. ist lang.
„Im Rückblick erscheint mir die Rolle der Aufsichtsbehörden, die das Jülicher Debakel erst ermöglicht haben: herunterspielen, verschweigen, Kumpanei … als problematischster Aspekt sagte Moormann zu Schluss.
Ich
denke, der Vortrag hat uns gezeigt, dass die Forscher im KIT und JRC in
Karlsruhe und auf der Gemarkung Leopoldshafen und Linkenheim nicht an
allem forschen dürfen, zu dem sie in der Lage sind ̶ zu unser aller
Sicherheit. Und ich glaube, dass viele Forscher genauso denken.
Wolfgang Oberacker Linkenheim-Hochstetten