Erörterung Kernkraftwerk 2 Philippsburg

Am Di. 25.09. und Mi. 26.09.2018 hat die Erörterung zum Rückbau von KKP 2 (AKW Philippsburg) stattgefunden.

Die Anti-Atom-Initiative war vor Ort.

2 Mitglieder der Anti-Atom-Ini KA haben Redebeiträge gehalten und ihre Kritik am Verfahren und am Abriss erläutert.

Tagesordnung Top 3: Einleitende Statements

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Anete Wellhöfer und ich habe eine persönliche Einwendung zum Abriss des AKW Philippsburg eingelegt. Selbstverständlich bin ich dafür, dass das AKW abgeschaltet wird, und zwar so schnell wie möglich.
Allerdings habe ich große Bedenken und Kritik, wie die Stilllegung und der Abbau vonstatten gehen soll.

Mein Interesse an diesem Thema ist sehr groß. Ich bin in Eggenstein aufgewachsen und lebe in Karlsruhe, also in unmittelbarer Nähe des AKWs Philippsburg. Dessen nicht genug, wohne ich auch in der Nähe des JRC und KIT Nord; an beiden wird, mit dem Segen der Grünen Landesregierung, an der nächsten Generation von AKWs geforscht, und das trotz Atomausstieg, das ist schon krass.
Die Grüne Landesregierung wurde u.a. wg. der alle Menschen etreffenden Folgen der Reaktorkatastrophe in Fukushima gewählt.
Die Grüne Landesregierung trat mit dem Versprechen an, die Bürger*innen zu hören.
Vor 10 Jahren habe ich noch Bürger*innenbeteiligung gutgeheißen und gefordert. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre in Baden-Württemberg und der Beobachtung, wie mit Bürger*innenbeteiligung umgegangen wird, sehe ich darin keinen Sinn mehr. Es gab noch nie die gleiche Augenhöhe, die ist meiner Beobachtung nach auch nicht gewünscht, und somit werden Bürger*innenbeteiligungsprojekt zur Farce. Man darf sagen, was man will, ja, aber gehört wird man nicht. Der Erörterungstermin ist dafür da, den Schein einer Beteiligung zu wahren, für mich als Bürgerin kommt dabei nichts raus. Somit geht es mir hier und heute nicht nur um eine Kritik daran, wie die EnBW und ihre Halbmiteigentümerin, das Land Baden-Württemberg, mit dem Rückbau vom Akw Philippsburg umgehen, sondern meine Kritik richtet sich auch dahin, wie scheinbare Bürger*innenbeteiligung praktiziert wird.

Wir haben ja die Situation, dass 46 Komma irgendwas % von der EnBW dem Land Baden-Württemberg gehören. Würde das Wohl der Bürger*innen an erster Stelle stehen, dann müssten an einigen Stellen die Sicherheitsanforderungen erhöht werden, dies wiederum würde zu erhöhten Kosten führen. Erhöhte Kosten schmälert die Einnahmenseite und das betrifft dann auch die Miteigentümerin, das Land Baden-Württemberg. Somit hat das Land ein eigennütziges Interesse, die Kosten der EnBW gering zu halten. BaWü als Genehmigungsbehörde ist also nicht neutral, das Land ist also befangen.

Zu meinen Einwendungen.
Erst einmal finde ich es doch sehr seltsam, dass KKP 2 sich derzeit noch im Leistungsbetrieb befindet, somit weiterhin Atommüll produziert und die EnBW jetzt schon, also lange im Voraus, eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung beantragt, auch in Neckarwestheim für GKN 2.
In den nächsten Jahren könnte sich ja durch die Erfahrungen von Stilllegungen von anderen AKWs noch einiges am Stand der Wissenschaft und Technik verändern. Dies müsste meiner Meinung nach berücksichtigt werden. Genauso ist es mit neuen Ereignissen und Erkenntnissen aus dem Betrieb der betroffenen AKWs, so wie die aktuell aufgedeckten Probleme mit den Brandschutzklappen und die gerade erst festgestellten Risse in zahlreichen Heizrohren des Primärkreislaufes im GKN II.
Ich kritisiere auch, dass das Umweltministerium BW als Genehmigungsbehörde, im Gegensatz zur Landesärztekammer BW, immer wieder öffentlich behauptet, dass es eine unschädliche Dosis ionisierender Strahlung gäbe. Ich vertraue da mehr den Fachleuten der Landesärztekammer, denn wissenschaftlich korrekt ist:
niedrige Dosen von Radioaktivität können die gleichen Erkrankungen auslösen, sie tun es nur seltener als höheren Dosen.
Aber es gibt keine unschädliche Schwellendosis.
Das Umweltministerium behauptet immer wieder öffentlich, dass es eine unschädliche ionisierende Strahlung gäbe und dass die Strahlung der Königstraße in Stuttgart gefährlicher sei als die von freigemessenem Atommü̈ll. Es geht doch nicht um die radioaktive Strahlenbelastung von außen auf den Körper. Da reicht in der Tat die Abschirmung eines Schuhes.
Wenn die Vertreter des Umweltministeriums in das Pflaster der Königstraße hinein beißen oder in den von ihnen beschriebenen Granit herum kauen würde, ja, dann wäre der Vergleich richtig.
Aber das tut ja keiner und somit ist dieser Vergleich unrichtig und irreführend und das weiß das BW Umweltministerium auch.

Da ich, wie schon dargelegt, der Meinung bin, dass diese Erörterung eine Farce ist, werde ich dafür nur in Anführungszeichen einen halben Tag meines Urlaubs vergeuden und nicht mehrere Tage, die für diese Erörterung vorgesehen sind. Wie sollen sich interessierte Bürger*innen, die berufstätig sind, obwohl sie eine Einwendung geschrieben haben, unter diesen Umständen an der Erörterung beteiligen? Dass sie 3 Tage Urlaub nehmen müssen, weil die Erörterungen tagsüber, zu Bürozeiten der Angestellten der Landesregierung und der EnBW stattfinden. Diese Bürger*innenbeteiligung orientiert sich nicht an den Interessen der Bürger*innen, sondern nur an den Interessen der Landesregierung und der EnBW.

Erörterungen auf gleicher Augenhöhe, das wäre toll.
Die Landesregierung soll sich bitte mal dazu Gedanken machen. Ich arbeite 40 Stunden und bin weder Technikerin noch Atomphysikerin. Mir gegenüber sitzen Mitarbeiterinnen des Landes und der EnBW mit Fachwissen und einem Stab an spezialisierten Mitarbeiter*innen und Rechtsabteilungen.
Wie müsste eine Erörterung aussehen, die dieses ins Auge springende Ungleichgewicht ausgleicht? Es gibt ja beim Land Baden-Württemberg eine Stelle, die sich konkret mit Bürger*innenbeteiligung beschäftigt, wie sieht denn deren Vorschlag dafür aus? David gegen Goliath hatten wir nun schon lange genug.
Dieser Erörterungstermin hat meiner Meinung nach eine Alibifunktion: „seht her, wir tun etwas“. Aber meine Damen und Herren, wenn die Bedingungen nicht stimmen und die Bürger*innen gar keine Chance haben sich zu beteiligen, dann wird es zur Farce. Ein ernst gemeinter Erörterungstermin hat zu Zeiten stattzufinden, zu der ein Großteil der Bevölkerung auch anwesend sein kann.
Deshalb beantrage ich diesen Erörterungstermin auszusetzen und ihn auf Tage und Uhrzeiten zu terminieren, zu der die Bevölkerung auch anwesend sein kann.
Meine Kritik an dieser Erörterung ist eine ganz grundsätzliche, es wird Beteiligung vorgegaukelt, und tatsächlich gibt es gar keine Beteiligung der Bürger*innen. Wenn ich könnte, dann würde ich beantragen, dass eine Evaluierung zu den Erörterungsverfahren in BW durchgeführt wird. Vielleicht nimmt diesen Vorschlag ja jemand mal auf. Wie viel Geld kostet dieses Erörterungsverfahren die Steuerzahler*innen und was kommt am Ende dabei heraus? Was wurde von den Einwendungen von der Landesregierung aufgenommen, umgesetzt und was hat sich durch die Einwendungen verändert? Sollten wir zu dem Ergebnis kommen, dass eh alles nur abgebügelt wird, dann können wir uns solche Erörterungsverfahren auch gleich schenken.

Einwendungen machen wir ja nicht, um Sie, gemeint ist die Landesregierung, zu ärgern, sondern weil wir Befürchtungen beziehungsweise Kritik an den Verfahrensweisen haben und eine Verbesserung wollen. Und weil die Bürgerinnen mit ihren Blickwinkeln jedes Genehmigungsverfahren inhaltlich bereichern können. Ein mir wichtiges Thema, das leider hier gar kein Thema ist, ist die gesundheitliche Unversehrtheit der Bevölkerung. Diese muss vor die Kostenminimierungsinteressen der EnBW gestellt werden.
Das bisher übliche „sogenannte Freimessen“ nach der Strahlenschutzverordnung lehne ich als gesundheitsgefährdend ab. Denn auch unterhalb der sogenannten radioaktiven Grenzwerte besteht ein Krankheits- und Gesundheitsrisiko.

In Anbetracht des radioaktiven Gefahrenpotentials beim Abriss von Philippsburg ist das gesamte Vorgehen des Umweltministeriums fragwürdig. In den Antragsunterlagen der EnBW sind viele Abrissschritte nur allgemein beschrieben. Sie sollen auch so pauschal genehmigt werden. Der beantragte Abriss erstreckt sich über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Das Umweltministerium will später neue Abrissgenehmigungen erteilen, gerade der hochradioaktiven Bereiche, ohne jetzt die Auslegung von aktuellen Unterlagen und eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung zuzusagen. Dieses Vorgehen akzeptiere ich nicht. An dieser einlullenden Pseudodemokratie werde ich heute hier nicht teilnehmen. Deshalb gehe ich jetzt. Allerdings erhalte ich alle meine Einwendungspunkte aufrecht. Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit.