Gegenanträge zur EnBW Hauptversammlung am Mi. 08.05.2019

von Dipl. Physiker Wolfram Treiber

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt Nr.2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns des Geschäftsjahrs 2018

Es wird keine Dividende bezahlt.

Der Bilanzgewinn ist u. A. für ein nachvollziehbares und zukunftsträchtiges Konzept für die umgehende Umstellung auf 100% dezentrale erneuerbare Energien zu verwenden, die nach wie vor nicht erkennbar ist.

Ein nachvollziehbares Konzept für ausreichende Rücklagen für die Abrisskosten der EnBW-eigenen Atomanlagen ist ebenfalls nicht ersichtlich, obwohl ein Großteil der zu erwartenden Kosten des atomaren Erbes bereits an den Steuerzahler „abgetreten“ wurde.

Unabhängig davon sollte die EnBW darüber nachdenken, ob sie nicht auch trotz des „Atom-Kompromiss“ eine Verantwortung für das strahlende Erbe ihrer Atomkraftwerke, die zunehmenden Kosten für die – so sicher wie mögliche – Lagerung des durch die Atomanlagen der EnBW entstandenen Atommülls, den sicheren Einschluss der abgeschalteten Atomanlagen, sowie die Beseitigung der durch den Abbau und die Verwendung von Uran und Kohle entstandenen Umweltschäden und Personenschäden, auch in den Abbaugebieten, hat und dafür Rücklagen bilden muss.

Außerdem ist eine weitere auch finanzielle (Mit-) Verantwortlichkeit für die globalen Schäden durch eine verfehlte Energiepolitik, an der auch die EnBW beteiligt war, zu prüfen und dafür Rücklagen zu bilden, so dass kein Raum für die Ausschüttung einer Dividende bleibt.

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt Nr.3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2018

Der Vorstand wird nicht entlastet.

Nach einem Bericht des SWR im März 2019 hatte die EnBW sieben Kohlekraftwerke im laufenden Betrieb. Fünf davon befinden sich in Baden-Württemberg. Dazu kommt das Braunkohlekraftwerk in Lippendorf bei Leipzig und das Kraftwerk Rostock, an dem die EnBW mehrheitlich beteiligt ist. Nach Aussage von EnBW-Vorstandsmitglied Hans-Josef Zimmer prüfe die EnBW derzeit jeden Standort darauf, wann eine Abschaltung sinnvoll erscheint. Das im Jahr 2014 in Betrieb gegangene Rheinhafendampfkraftwerk RDK 8 in Karlsruhe dürfte demnach am längsten laufen, möglicherweise sogar bis 2038.

Während die EnBW ihr letztes Kohlekraftwerk somit offensichtlich zum letztmöglichen Zeitpunkt abschalten will protestieren jeden Freitag Tausende von Schüler_innen unter dem Motto „Wir lernen nicht für eine zerstörte Zukunft! “ gegen die verfehlte Klimapolitik. Sie fordern u. A. einen sofortigen, sozialverträglichen Kohleausstieg, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sowie eine Wende hin zur ökologischen Landwirtschaft um die irreversible Erderwärmung in letzter Sekunde noch zu verhindern.

Inzwischen wird die Bewegung „Fridays for Future“ auch von mehr als 12.000 Wissenschaftler_innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstützt. 80 Prozent der deutschen CO2-Emissionen entständen durch die Nutzung fossiler Energieträger, führte z.B. Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW in Berlin aus. Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, dürfte Deutschland in spätestens 20 bis 30 Jahren keine Treibhausgase mehr produzieren. Kohle dürfe man bis 2030 fast gar nicht mehr nutzen, müsste aber auch aus Erdöl und Erdgas aussteigen.

Trotzdem will die EnBW offensichtlich das Kohlekraftwerk RDK 8 zum letztmöglichen Zeitpunkt erst abschalten. Angesichts der Erderwärmung, die immer extremere Wetterlagen produziert, ist dies unverantwortlich. Nach Angaben der UNO werden aufgrund der Klimaveränderungen in den nächsten Jahren Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen.

Klimagerechtigkeitsgruppen fordern, dass die Treibhausgase auf ein Minimum begrenzt werden müssen, so dass sich jedes Lebewesen in einer intakten Atmosphäre und Umwelt entfalten kann. Das Recht auf Nutzung der Atmosphäre und Ressourcen muss für Alle gleichermaßen gelten. Niemand darf auf Kosten Anderer leben. Das heißt aber auch, dass alle Menschen weltweit das gleiche Anrecht auf Zugang zu Energie und Mobilität haben müssen.

Daraus ergibt sich aber auch ein grundsätzliches Umdenken in der Energie- und Verkehrspolitik. Auch beim angeblichen Wundermittel E-Mobilität ist dabei die gesamte Ressourcenkette zu berücksichtigen. Wie schon bei der Kohlegewinnung in Kolumbien oder jetzt in Russland müssen wir uns fragen: Wo und unter welchen Bedingungen werden die für die E-Mobilität notwendigen Rohstoffe gewonnen? Im Ergebnis wird auch die E-Mobilität zu einer weiteren Erderwärmung beitragen. Notwendig ist daher nicht ein „weiter so“ nur mit E-Mobilität, sondern die Entwicklung eines alternativen kollektiven Verkehrskonzepts. Dies kann ich bei der EnBW nicht erkennen.

Klimagerechtigkeit bedeutet ferner, gemeinsam Verantwortung dafür zu übernehmen, dass Schäden durch die menschengemachte Erderwärmung vermieden werden. Die Verursacher entstandener Schäden müssen Verantwortung für die Betroffenen übernehmen. Es besteht eine große Ungerechtigkeit zwischen den Ressourcenverbrauchenden und den Leidtragenden der Klimawandelfolgen. Diese Ungerechtigkeit zeigt sich im sozioökonomischen Status, zwischen verschiedenen Generationen und insbesondere im globalen Kontext. Die Mehrzahl der Menschen im Globalen Süden leidet bereits heute verstärkt unter den Folgen des Klimawandels, obwohl sie diesen weder verursacht haben, noch der Klimakrise etwas entgegen setzen können. Auf einem endlichen Planeten muss unendliches (Wirtschafts-)Wachstum gestoppt werden, um ein natürliches Klima zu erhalten.

Dieser Verantwortung muss auch die Firmenpolitik der ENBW gerecht werden. Dieses Ziel ist jedoch nicht durch immer neue Großprojekte, sondern nur durch eine dezentrale, vernetzte und ökologisch nachhaltige Energieversorgung mit regenerativen Energieträgern zu erreichen. Das Festhalten an Kohlekraftwerken ist für den Aus- und Aufbau einer ökologisch sinnvollen Vernetzungsstruktur kontraproduktiv, da für Kohlekraftwerke wie auch für Kernkraftwerke andere Verteilungsstrukturen notwendig sind. Oberster Maßstab muss jedoch sein, dass nur so viel Energie wie notwendig und so wenig wie möglich produziert und verbraucht wird. Von dieser Zielvorstellung ist die EnBW leider noch weit entfernt.

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt Nr.4: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2018

Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet.

Wie bereits in meinem Einspruch gegen die Erteilung der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (SAG) für das Kernkraftwerk Philippsburg 2 (KKP 2) ausgeführt,sind auchnach dem Abschalten nicht alle von Atomkraftwerken ausgehenden Gefahren beseitigt und die Gesundheit der Menschen muss Vorrang haben vor wirtschaftlichen Interessen. Neben dem hochradioaktiven Atommüll fallen großen Menge auch von leicht- und mittelradioaktiven Abfällen an. Ein besonderes Problem stellen sehr schwach-aktive Abfälle dar, die unterhalb eines bestimmten Strahlenwertes nicht mehr kontrolliert werden und als Rohstoff in den Wirtschaftskreis zurückkehren. Aus altem kontaminierten Stahl können dann z.B. Kochtöpfe oder Bratpfannen werden.

Nach wie vor hat die EnBW kein radiologisches Gesamtkataster ihrer Atomanlagen sowie keine Bestandsaufnahme des gesamten radioaktiven Inventars erstellt. Laut geltenden Empfehlungen der Reaktorsicherheitskommission (RSK) von 2005 soll zu Beginn einer Stilllegung eine umfassende radiologische Charakterisierung der Anlage durchgeführt werden. Dadurch wird das Wissen über den Reaktor erhalten, es können eine fundierte Abwägung über das Stilllegungskonzept erfolgen und die Rückbauschritte so geplant werden, dass sie die Strahlenbelastung und das Störfallrisiko möglichst gering halten. Außerdem muss eine Gesamtliste der insgesamt zu erwartenden radioaktiven Abfallmengen vorliegen, bevor mit Dekontaminationsarbeiten („Freiputzen“) wie bereits in Obrigheim begonnen wird. Alle einzelnen Genehmigungsschritte für Stilllegung und Abbau müssen jeweils zwingend mit einer rechtswirksamen Öffentlichkeitsbeteiligung verbunden werden. Abwägungserfordernisse müssen transparent und im Sinne des Vorsorgeprinzips gestaltet werden. Sie dürfen nicht wirtschaftlichen Belangen der Betreiber unterworfen sein.

Die Öffentlichkeit muss umfassend und wirksam bei AKW-Stilllegungen beteiligt werden. Dies muss auch für alle Anlagen gelten, die an den Abrissstandorten neu errichtet werden (dh. auch z.B. Atommüllbehandlungsanlagen, Standortabfalllager). Alle einzelnen Genehmigungsschritte für Stilllegung und Abbau müssen jeweils zwingend mit einer rechtswirksamen Öffentlichkeitsbeteiligung verbunden werden.

Bei der Atomenergie handelt es sich um eine Hochrisikotechnologie, die unter anderem mit extremen Schadensfallrisiken aber auch mit bisher noch nicht geklärten Endlagerproblemen belastet ist. Daher muss der Abriss von KKP 1 sofort gestoppt werden und jeglicher „Atomtourismus“ unterlassen werden, solange nicht geklärt ist, wo der Atommüll letztendlich gelagert wird.

KKP 2 sofort stillgelegt werden. Durch den weiteren Betrieb der Atomanlage Philippsburg 2 und die Abnahme von Atomstrom entsteht täglich mehr Atommüll, dessen Lagerung und möglichst sicherer Einschluss zukünftig weitere Kosten in Milliardenhöhe verursachen wird.

KKP 2 muss sofort stillgelegt werden, da die im Katastrophenschutzplan beschriebenen Evakuierungsmaßnahmen bis heute völlig unzureichend umgesetzt wurden. Binnen eines Tages müssten etwa am Standort Philippsburg fast eine halbe Million Menschen (477.000 Menschen) innerhalb eines 20-Kilometer-Radius evakuiert werden.

KKP 2 muss sofort stillgelegt werden, weil im Druckwasserreaktor Philippsburg II noch jährlich durchschnittlich 48 abgebrannte Brennelemente anfallen, deren derzeitige Lagerung völlig unsicher ist und deren Endlagerung in den Sternen steht.

Es darf keine Übertragung der Reststrommenge vom abgeschalteten Block 1 des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP 1) auf den Block 2 (KKP 2) am gleichen Standort geben.

Unabhängig davon ob jemand in der Vergangenheit für oder gegen die Nutzung der Atomenergie war, sollten jetzt alle das Interesse haben, den Atommüll für alle Zukunft so sicher wie überhaupt nur möglich zu verwahren. Daher muss auch die gesundheitliche Unversehrtheit der Bevölkerung immer und in aller Zukunft vor den Kostenminimierungsinteressen der EnBW stehen.