Strahlende Zukunft in der Fächerstadt:

Neue Technologien für eine Atomkraft ohne Risiko?

Nur: 
Strahlende Augen bekommen wir bei dieser Technologie, die aus den 50er und 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammt, nicht, auch wenn sie die „inhärent“ sichere Lösung für unsere Klimaprobleme verspricht.
Denn: 
Thoriumreaktoren können einerseits Strom erzeugen und sind doch so gefährlich wie die Hiroshima-Bombe. 


Wir stellen uns klar dagegen und wollen nicht, dass in Karlsruhe und
in der EU weiter an diesen neuen Reaktorsystemen geforscht wird!

Da die Erforschung neuer Reaktorsysteme nach dem Atomausstieg kaum vermittelbar ist, wurde sie am JRC und KIT in „Sicherheitsforschung“ umdefiniert, eine Strategie, die der Atomlobbyist Hennenhöfer schon in den 1990er Jahren entwickelt hat, um das Ansehen der Atomkraft zu heben. Bei dem im Programm der Veranstaltung am 4.12.2018 angekündigten Film handelt es sich um den im deutschen öffentlichen Fernsehen und bei arte mehrfach gezeigten Films „Thorium – Atomkraft, ohne Risiko?“. In dem Film wird laut eigener Aussage erörtert, „warum Kernkraft aus Thorium 1945 eine technologische Totgeburt war und warum es plötzlich doch der Brennstoff der Zukunft sein soll“.
Nur zu den Risiken dieser Technologie wird im Film kein Wort gesagt, auch wenn der Titel dies verspricht. Dieser höchst umstrittene, parteiische Werbefilm wurde 2016, mitfinanziert durch die Europäische Union, im Auftrag des NDR mit Unterstützung durch arte produziert.

Diesem Defizit wollen wir begegnen
und die Risiken benennen:  

Forschung und Entwicklung zu Flüssigsalzreaktoren (MSR: Molten Salt Reactor) sind Gegenstand der heutigen Veranstaltung.
Sie zählen zu den Reaktoren der kommenden 4. Generation und werden mit geschmolzenen Thoriumsalzen (um 700 °C) betrieben.

Die Proliferationsgefahr
(Gefahr der Weiterverbreitung von Kernwaffen) steigt extrem 

Thorium selbst ist kein Spaltstoff, aber es lässt sich daraus atomwaffenfähiges Material (Uran-233) erbrüten. Die MSRs sehen eine integrierte Wiederaufarbeitungsanlage vor, um störende Nuklide und Spaltprodukte zu entfernen, bevor der Kernbrennstoff zusammen mit dem Thorium zurück in den Brennstoffkreislauf kommt.
Die Möglichkeit, bei diesem Prozess waffenfähiges Uran-233 „abzuzweigen“, ist gegeben. Damit ist die Proliferationsgefahr sehr hoch. Die Entwicklung kleiner modularer Thoriumreaktoren (SMR: Small Modular Reactor), die in hohen Stückzahlen gebaut und weltweit vertrieben werden sollen, potenziert diese Gefahr.
Die Internationale Atomenergie- Organisation IAEO unterstützt Forschung und Entwicklung dieser Reaktoren, deren Betrieb und Standorte kaum zu kontrollieren sind. Insbesondere die Förderung der zivilen Atomenergienutzung für Schwellenstaaten und Entwicklungsländer mit Hilfe dieser Technologie steht im Focus der IAEO.
Viele kleine Anlagen erhöhen jedoch die Gefahr, dass radioaktives Material in fremde Hände kommt. Man bedenke auch das Risiko eines Unfalls, wenn tausende Mini-
Reaktoren, mit einer Laufzeit von 5 bis 30 Jahren, über Straßen und Flüsse transportiert, weltweit durch den Hersteller entsorgt und ersetzt werden müssen. Auch die EU-Kommission will den Bau von weiteren Atomreaktoren vorantreiben.
Außerdem sollen neue SMRs entwickelt werden. Spätestens 2030 soll ein SMR in Europa im Einsatz sein.

Wirtschaftlichkeit

Wirtschaftlich machen Forschung, Entwicklung, Bau und Betrieb neuer Atomreaktoren keinen Sinn, auch die neuen SMRs sind nicht rentabel.
Nach Expertenmeinung ist der Markt für SMRs zu klein, um lebensfähig zu sein. Es gibt einfach nicht genug abgelegene Gemeinwesen als Stromkunden mit ausreichender Kaufkraft, um die Herstellung von SMRs zu Tausenden als Massenprodukt finanziell zu stemmen !

Atomenergie ist nicht CO 2 -frei und kann das Klima nicht retten  

Der Betrieb von Uranerzminen und Urananreicherungs-Anlagen, der Transport von Atommüll und nicht zuletzt der Bau und Abriss von AKWs und die Entsorgung verursachen CO 2 -Emissionen, Umweltschäden und gefährden die Gesundheit der Arbeiter*innen. Die AKWs werden nicht rentabel arbeiten und eher einen nachteiligen Einfluss auf den Klimaschutz haben, da sie die erneuerbaren Energien verdrängen!

Der Machtanspruch der Atommächte beruht auf zivilen Reaktoren 

Der Zusammenhang zwischen der zivilen Nuklearindustrie und der Fähigkeit des Militärs sein Atomwaffenpotential aufrechtzuerhalten wird in einem Bericht von Experten aus dem Umfeld des Pentagons dargelegt:
„Tritium, ein wesentlicher Bestandteil von Kernwaffen, wird in zivilen Reaktoren für den militärischen Einsatz hergestellt, und zivile Reaktoren werden für die Herstellung von Plutonium zum Bau von
Atombomben benötigt“. Außerdem wird für den Betrieb und die Konstruktion von militärischen Reaktoren eine kerntechnisch
ausgebildete und geschulte Belegschaft benötgt, die der zivile Bereich kostengünstig liefern soll.

Forschung zur 4. Generation in Karlsruhe und Mol (Belgien) 

Eine Reihe von Instituten im Karlsruher Institut für Technologie (KIT), sowie insbesondere Institute des Joint Research Center (JRC-Dir G) der Europäischen Union, arbeiten zum Thema MSR und sind gemeinsam am
EU-Forschungsprojekt SAMOFAR beteilig.
„Die Arbeiten am KIT dazu beziehen sich dort auf Reaktor- und Brennstoffentwicklung, Computersimulationen sowie Material-
wissenschaften. Das JRC untersucht hierbei insbesondere physikalische und chemische Eigenschaften der Kernbrennstoff-Flüssigsalze und führt Sicherheitsanalysen von chemischen Prozessen durch. Daneben beteiligen sich beide Forschungsinstitute am EU-Forschungsprojekt MYRTE (MYRRHA Research and Transmutation Endeavour), in dem die Transmutation von hochradioaktiven Abfällen in Hinblick auf den in Belgien geplanten Forschungsreaktor MYRRHA erforscht werden soll.
Beide Forschungsprojekte werden im Rahmen des Euratom Forschungs- und Ausbildungsprogramms durchgeführt.“
(Quelle: Kleine BT-Anfrage der Grünen vom 24.02.2017, DS 18/11327)
Das belgische Kernforschungszentrum (SCK-CEN) arbeitet unter Beteiligung des KIT an der Planung zum Bau einer multifunktionalen Forschungsanlage MYRRHA im belgischen Mol. MYRRHA dient auch zur Entwicklung von Materialien und Brennstoffen für Reaktoren, die mit Thorium arbeiten sollen. Vor kurzem startete NRG, eine Forschungseinrichtung in den Niederlanden, eine Reihe von Experimenten in Zusammenarbeit mit dem JRC in Karlsruhe mit dem erklärten Ziel, einen Schritt näher zu kommen, Thorium-MSRs nutzbar zu machen.

 Atomkraft: ein „wirtschaftlich und technisch unnützer Wahnsinn“,

dies äußerte der ehemalige französische Umweltminiter Nicolas Hulot bei seinem Abschied.

Unsere Forderungen: 

  • Um eine massive Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern, fordern wir, dass Forschung, Entwicklung und Betrieb von Einrichtungen, die die Erzeugung von waffenfähigem Nuklearmaterial ermöglichen, europaweit und weltweit eingestellt, geächtet und nicht weiterentwickelt und gefördert werden!
  • Gelder, die hier eingespart werden, sollten nachhaltigen Entwicklungen zum Klimaschutz und zur weltweiten Verbreitung von alternativen Energien zur Stromerzeugung und zu deren Verteilung und Speicherung zugutekommen.

    Dafür spricht neben dem Gebot der Wirtschaftlichkeit – alternative Energien sind heute schon günstiger als Atomstrom – auch die friedensfördernde Funktion dieser in die Zukunft gerichteten Investition.

Karlsruher Bündnis gegen neue Generationen von Atomreaktoren 15.11.2018