500 Millionen-Euro-Konverter in Philippsburg für Windstrom?

Leserbrief zu BNN vom 12./13./15.5.2020 im Zusammenhang mit der Kühltürmesprengung

Im Zusammenhang mit der Sprengung der Kühltürme in Philippsburg wird in den BNN mehrfach hervorgehoben, dass, laut EnBW, der nun zur Verfügung stehende Platz zum Bau eines Umspannwerks für regenerativen Windstrom aus dem Norden benutzt würde. Den nicht so mit den Details Vertrauten wird damit gesagt, dass der Konverter einen notwendigen Teil der Energiewende darstelle. Da sollte man aber genauer hinschauen.

Mit der Energiewende steigen nach Aussagen der EnBW die Anforderungen an unser Strom-Übertragungsnetz. Dafür soll die Übertragungskapazität bestehender Stromleitungen bei uns in Baden verstärkt (120 km, von Daxlanden nach Eichstetten) und neue Umspannwerke (eines davon auch in Daxlanden) gebaut werden. Durch diese Leitungen und die kleinen Umspannwerke wird auch Strom aus dem Konverter Philippsburg fließen.

Er soll die Stromverteilung vom Norden in den Süden von Deutschland gewährleisten und somit die erzeugte Leistung in das überregionale 400-kV-Stromnetz einspeisen und verteilen. Dafür ist die DC-Konverterstation Philippsburg  in Baden-Württemberg, aber auch die Errichtungen einer gleichen Konverterstation in Kaarst (bei Düsseldorf) in Nordrhein-Westfalen notwendig. Der Wechselstrom aus den Kraftwerken im Ruhrgebiet wird im Konverter Kaarst zu Gleichstrom umgewandelt und in Philippsburg wieder zurückverwandelt.

Der eine Fehler, die Atomenergie, ist in Philippsburg beendet. Gleichzeitig aber zementiert man mit zigtausenden Tonnen Beton auf der Größe von vielen Fußballfeldern diese Art Energiewende für einen 500 Millionen teuren Konverter ein. Hier wird heute wieder ein falsches Signal in Philippsburg gesetzt. Mit Unterstützung der Landesregierung und des Gemeinderates, der mit 500.000 Euro jährlichen Steuern rechnet, baut die EnBW eine vollautomatische, ohne jegliche MitarbeiterInnen auskommende Großanlage. Das Projekt ist nicht dezentral, nicht regenerativ und nicht bürgerbeteiligt. Der Konverter unterstützt den alten Gigawattwahn und nützt nur den großen Netz- und Energieraubrittern wie der EnBW, die nur noch mit Netzgebühren Gewinn machen können. Dies ist nicht im Sinne von uns StromkundInnen. Eine Leitung, die bis jetzt nur zu den Stein- und Braunkohlekraftwerken im Ruhrgebiet geht, ist ein Tiefpunkt einer falschen Energiepolitik.  Ein Bewusstseinswechsel zum Stromsparen und für eine alternative, regionale Energie- und Mobilitätswende wird mit diesem Ausbau nicht erreicht.

Der geplante Stromnetzausbau dient nicht den erneuerbaren Energien, sondern ist wesentlich durch den inflexiblen Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken geschuldet. Baden-Württemberg ist kein Netz-Engpassgebiet. Die bundesweite Stromnetzplanung ist überzogen und dient nicht dem kleinteiligem, regionalen Ausbau von regenerativen Energieformen und zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch überhaupt nicht der Offshore-Windkraft in der Nordsee.

Die großen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ)-Leitungen dienen in erster Linie zentralistischen Plänen zum transeuropäischen Stromtransport von Kohle- und Atomstrom, also zum Stromexport, an den als Ablasshandel noch die Ankündigung der Irgendwann-Anbindung an die Offshore-Windenergieanlagen angehängt wird. Der Bau der beiden Konverter und der damit verbunden Stromleitungen entpuppt sich vor allem als Absicherung und Bestandschutz der großen deutschen Energieriesen.

Harry Block