Das Völkerrecht setzt hohe Hürden für Angriffe auf Atom-Anlagen, schließt sie aber auch nicht gänzlich aus. Ein Angriff auf Atom-Anlagen kann jederzeit zu einer nuklearen Katastrophe führen. Vor allem, wenn mit Hilfe von Drohnen Atomanlagen angegriffen werden, wie vor wenigen Wochen in Tschernobyl geschehen, als eine Drohne den Sarkophag durchschlug. Dies ist auch an jedem der 16 Zwischenlager-Standorte in Deutschland für hochradioaktiven Atommüll möglich. Die zum Teil nur 80 cm dicken Betonwände der Zwischenlager bieten keinen Schutz für kriegerische oder terroristische Angriffe.
Um auf diese Gefahr hinzuweisen und die weiterhin geplanten Atomanlagen in Europa zu verhindern, stehen wir, die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe, heute am 26. April 2025 hier auf dem Marktplatz.
Tschernobyl 1986
Am 26. April 1986 kam es im vierten Block des Kernkraftwerks Tschernobyl in der heutigen Ukraine (damals UdSSR), zu einem schweren atomaren Unfall, dem ersten, der auf der internationalen Störfall-Skala (INES) mit der höchsten Stufe, nämlich 7, bewertet wurde. In Folge der Explosion kam es zu einem Graphitbrand mit einer Freisetzung radioaktiver Stoffe in große Höhen von bis zu 10.000 Meter.
Tagelang brannte der Reaktor, jede Flamme schleuderte hochradioaktive Partikel hoch in die Luft. Mit Sand und Blei kämpften die Menschen in den ersten Tagen dagegen an. Und begannen schnell unter schlimmsten Bedingungen, eine Schutzhülle zu errichten. Die Strahlung war so hoch, dass die Arbeiter:innen nur wenige Minuten vor Ort bleiben konnten. Quasi im Vorbeirennen errichteten sie den ersten Sarkophag, der die Strahlung eindämmen sollte. Ein Einsatz, der vielen von ihnen ihre Gesundheit oder gar das Leben kostete. Hunderttausende Soldat:innen und Arbeiter:innen wurden dabei kontaminiert, viele Tausende erkrankten oder starben infolge der Strahlung. Hundertausende Menschen wurden evakuiert und verloren ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage. Ein Sperrgebiet mit einem Radius von 30 Kilometern wurde eingerichtet und besteht bis heute noch.
Tschernobyl 2006
Nach dem Super-GAU in Tschernobyl begann sehr schnell der Bau einer Schutzhülle zur Eindämmung der Strahlung. Doch das Provisorium war bald einsturzgefährdet. Ein weiterer Sarkophag wurde gebaut und 2006 über die immer noch hochgradig strahlende Ruine des havarierten Reaktors geschoben, von dem Teile 2013 unter Schneemassen zusammenbrachen.
Tschernobyl 2013
Um eine zweite nukleare Katastrophe zu verhindern, baute ein Konsortium aus 28 Geberländern einen weiteren 1,5 Milliarden Euro teuren Sarkophag. Dieses riesige bewegliche Bauwerk wurde 2016 über die alte Hülle geschoben.
Tschernobyl 2025
Am 14. Februar 2025 wurde diese Schutzhülle von einer russischen Drohne getroffen, die explodierte und das Dach durchschlug. Der Einschlag hat Brände ausgelöst, die zu erheblichen Schäden an der Dachkonstruktion führten. Erst drei Wochen nach dem Angriff wurden die Brände als gelöscht bestätigt. Wenn Wasser in das Gewölbe eindringt, erfüllt der Sarkophag/Schutzbunker seine Funktion nicht mehr. Radioaktivität kann austreten.
In der Ukraine erleben wir das erste Mal, dass ein bewaffneter Konflikt in der Nähe von Atomkraftwerken stattfindet. Gegen militärischen Beschuss sind Atomreaktoren in der Welt und die deutschen Zwischenlager für radioaktiven Atommüll nicht ausgelegt. Ihr sicherer Betrieb ist zudem abhängig von der lückenlosen Versorgung mit elektrischer Energie und der Verfügbarkeit von hochspezialisiertem Fachpersonal. Beides ist in einem Krieg gefährdet bzw. nicht vorhanden. Die russischen Angriffe sind an mehreren Stellen ukrainischen Atomkraftwerken bereits sehr nahegekommen. Das Atomkraftwerk Saporischschja mit 6 Atomreaktoren ist von den Russen besetzt, abgeschaltet und deren Brennelemente müssen mit Strom von außen gekühlt werden. Durch den Beschuss von Energieanlagen verloren im November 2023 die restlichen 15 aktiven Atomkraftwerke in der Ukraine ihre Netzanbindung und konnten nur noch mit Notstrom-aggregaten betrieben werden. Es besteht die Gefahr von Super-Gaus, die nur mit erheblichen Einsatz tausender Mitarbeiter zum Teil unter Lebensgefahr behoben werden können.