Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
4 Jahre sind es her, seit ich bei der Friday für Futur-Demo vor dem Staatstheater die damalige Karlsruher Energiewelt vor euch ausgebreitet habe. Gretas und eure Worte und Warnungen, unsere Demos zeigten Wirkung. Dennoch bin ich – wie sicher auch einige hier auf dem Platz – krisenerschöpft. Das verkorkste Heizungsgesetz sorgte dafür, dass viele Menschen in unserem Lande Klimaschutz als Zumutung empfinden. Auch ich habe Mühe, mit Extremwetter, Flucht, Krieg, Klimakatastrophen … Schritt zu halten, die sich praktisch im Wochentakt abwechseln. Die Welt scheint sich radikal verändert zu haben. Corona, der fürchterliche russische Angriffskrieg und die offensichtlichen Folgen der menschengemachen Klimaveränderung haben und werden auch bei uns in Karlsruhe und bei unserem Energiekonzern EnBW tiefe Spuren hinterlassen. Sie erschüttern die Grundfesten unseres Landes und verlangen nach Veränderung in der gesamten Umwelt, Verkehrs- und Energiepolitik.
Es sieht aber immer noch düster aus. Die derzeitige Lage der Karlsruher Energiewelt ist fast noch stärker auf fossiler Strom- und Wärmebereitstellung ausgerichtet als vor vier Jahren.
Die beiden Kohleblöcke der EnBW (RDK 7 und RDK 8) haben im letzten Jahr doppelt soviel Kohlendioxid ausgestoßen als im Vorjahr: über 4 Millionen Tonnen. Sie waren 2022 länger am Netz. Sie haben dazu beigetragen, den höchsten Gewinn der EnBW in ihrer Geschichte auszuweisen, weil der Konzern wie die anderen auch die Strom- und Gaspreise unglaublich nach oben getrieben hat und zusammen mit den von uns allen zu zahlenden Netzentgelten sich die Taschen gefüllt haben. 280 Millionen im Jahre 2022 bekamen sie vom Bund für die Bereithaltung von 4 alten Kohleblöcken. Es ermöglichte dem Konzern, 220 Millionen Euro an seine 21.000 Beschäftigten als Zusatzlohn auszuzahlen.
Die Staatskonzern EnBW hat sein letztes Atomkraftwerk in Neckarwestheim abgeschaltet. Es befindet sich wie die anderen im milliardenteuren Abriss, und trotzdem fordern die CDU und FDP nun sogar noch ihren Weiterbetrieb. Die EnBW baut in Baden-Württemberg 3 neue Gaskraftwerke: Heilbronn, Stuttgart und Altstadt. Jedes dieser Gaskraftwerke wird vom Wirtschaftsminister Habeck mit 120 Millionen subventioniert. Dafür hat die EnBW als zweitgrößter Gasversorger Deutschlands Verträge über LNG-Gas für 28 Jahre mit amerikanischen Konzernen abgeschlossen. Die Gasfelder werden im Augenblick gegen den Widerstand der örtlichen Bevölkerung erst erschlossen. Die neuen Gaskraftwerke sollen wie die im Bau befindliche riesige Gasverdichterstation in Rheinstetten auch für den Transport und Einsatz von mindestens 20 % Grünen Wasserstoff vorbereitet werden. Wie dies genau geht und woher dieser Grüne Wasserstoff kommen soll, ist noch ein Betriebsgeheimnis der EnBW.
Noch schlimmer. Vor genau 4 Wochen hat die EnBW die Pleite ihrer Biogastochter BMP Greengas mit 251 Millionen Verlust bekanntgegeben. Europas führender Vermarkter von Biogas kann ihren Stadtwerkekunden die vereinbarten Biogasmengen nicht mehr liefern. Ein weiterer Rückschritt beim Umstieg in eine andere Energiebereitstellung, die – man glaubt es nicht – den erwarteten Gewinn der EnBW in diesem Jahr auf 3,5 Milliarden steigern wird.
Der neue Chef der EnBW, Schell, verkündete auf der Hauptversammlung der EnBW im Mai dieses Jahres, dass er die Kohlekraftwerke am Rhein, RDK 7 und RDK 8, 2028 stilllegen will.Hurra, dachte ich, er hat unseren Ruf gehört:
„What do we want?“ – „Climate Justice!“
„When do we want it?“ – „Now!“
Die Anti-Atom-Ini KA beim FfF Streiktag in Karlsruhe
Diese Ankündigung ist jedoch vergiftet. Damit fallen rund 50 Prozent der Karlsruher Fernwärme weg. Von mir darauf angesprochen antwortete Herr Schell: „Das ist das Problem der Stadt Karlsruhe“. Ja, Karlsruhe muss bis zum 31. Dezember eine Wärmeleitplanung für die Gesamtstadt dem Land vorlegen. Die MiRO-Mineralölraffinerie sorgt für rund 40 % Prozent der Fernwärme und benötigt dazu Gas, das auch 3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr emittiert. Wie lange der Automarkt noch diese riesigen Mengen Benzin und Diesel benötigt und damit die Existenz der MiRO sichert, steht in den Sternen. Die als Kohlekraftwerk getarnte Müllverbrennungsanlage bei der Papierfabrik an der Rheinbrücke, ehemals Stora Enso, ist seit Januar im Besitz des reichsten Manns Deutschlands, Herr Schwarz, also von LIDL. Diese ist neuerdings für den Rest der Fernwärme zuständig. Dort wird der gesamte Nicht-DSD-Plastikmüll aus der Wertstofftonne von Karlsruhe verbrannt mit keineswegs besten Filtern.
Die Stadt Karlsruhe hat wie ganz Deutschland also vor allem ein Wärmeproblem. Aber Karlsruhe hat das lauthals verkündete Deutschlandtempo verschlafen. Die Umweltinvestitionen im Haushalt 23/24 wurden von Gemeinderat drastisch reduziert. Solaranlagen auf städtischen Gebäuden werden von der Volkswohnung gebaut. Kleiner Trost. Diese Woche wurde die 100ste Anlage eingeweiht. Völlig Fehlanzeige aber immer noch im kleinteiligen Klimaschutz. Eine hitzerestente City, der Ausbau zur wasserspeichernden Schwammstadt, wird gerade mit der umstrittenen Fällung der Platanen auf der Kaiserstraße und der geplanten Beseitigung von 30 Bäumen für den Um- und Neubau des Landratsamtes am Ettlinger Tor in die Tonne getreten. Deshalb:
„What do we want?“ – „Climate Justice!“
„When do we want it?“ – „Now!“
Aber ohne Optimismus können wir für nichts mehr kämpfen. Ja wir wollen, dass die EnBW große Offshore-Windkraftanlagen in der schottischen See baut und sie mit Gleichstromleitungen nach BaWü bringt. Der Bau von Elektrolyseanalgen an Land bei den Windanlagen zur Herstellung von grünen Wasserstoff, wenn der Strom z. B. am Wochenende nicht benötigt wird, ist zu planen. Die Netze der EnBW werden im Augenblick für Millionen Euro von Nord nach Süd wesentlich erweitert. Die dazu notwendigen Konverter sind gerade im Bau, wie in Karlsruhe und in Philippsburg zu sehen ist. Die Gasleitungen von Nord nach Süd müssen noch wasserstofftauglich nachgerüstet werden.
Das Klimabündnis Karlsruhe und wir fordern deshalb:
Eine umfassende Planung für eine hitzeresistente Stadt, die alle Belange auch des Kleinklimas berücksichtigt. Deshalb kämpfen wir um jeden Baum in der Innenstadt.
Der Zubau von Solaranlagen auf allen dafür geeigneten städtischen Gebäuden darf nicht an Investitionskürzungen scheitern.
Wir unterstützen die seit dem 1. Januar 2023 existierende BürgerEnergie Karlsruhe-Genossenschaft, die ihr erstes Projekt in Grötzingen mit den Anteilen von uns BürgerInnen finanziert hat.
Unsere Forderung an das Land Ba-Wü:
Das absolute Schlusslicht bei Solaranlagen ist das Karlsruher Institut für Technologie Süd. Dort müssen auf allen geeigneten Gebäuden – und das sind viele –Solaranlagen gebaut werden.
Zur Wärmeleitplanung muss der Ausbau von Nahwärmesystemen mit Wärmepumpengroßanlagen, wo immer möglich, geplant und gebaut werden.
Für die Absicherung der Fernwärme müssen die beiden städtischen Gaskraftwerke und die Leitungen zu ihren auf den Einsatz von grünen Wasserstoff vorbereitet werden.
Auf dem freistehenden Gelände der EnBW im Rheinhafen soll unverzüglich die Planung und der Bau einer Geothermieanlage als Ersatz von RDK 8 in Angriff genommen werden.
Die Absicht der deutschen Erdwärme in Neureut als Ersatz der MiRO eine Geothermieanlage zu bauen, bedarf der dringenden Unterstützung der Stadtwerke Karlsruhe, vor allem gegen die jetzt schon vorhandenen Widerstände aus dem Kreis der AfD.
Durch die Einführung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes zum 01.02.2023 ergibt sich die Pflicht, Vorranggebiete für Windenergieanlagen in einer Größenordnung von mindestens 1,8 Prozent bei uns in der Region festzulegen. Ausreden für die Kommunen wie Weltkulturerbe gibt es nun nicht mehr. Die Anlagen müssen nach Abwägung der naturschutzrechtlichenBelange sofort in die Planungsphase übergehen.
Die Liste ließe sich fortsetzen. Für uns gibt es noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten und dazu bedarf es noch vieler Kundgebungen, Proteste und Demonstrationen wie dieser heute. Wir wollen spätestens 2035 in einer fossilfreien Energiewelt, nicht nur in Karlsruhe, leben. Dafür streiten wir. Danke.
„What do we want?“ – „Climate Justice!“
„When do we want it?“ – „Now!“