Beitrag von Harry Block und Anete Wellhöfer
Unter der Überschrift „Expedition zum Müll im Meer“ berichteten die BNN am 28. Juni 2025, dass hunderttausende Atommüll-Fässer vor Jahrzehnten im Ozean landeten. Im Artikel hieß es: „Zwischen den 1950er und 1980er Jahren haben etliche Staaten nuklearen Abfall im Ozean entsorgt.“
Neben den USA ´entsorgten´ bis 1991 auch Belgien, Schweiz, Niederlande und Frankreich tonnenweise strahlenden Müll im Nordatlantik. Aber auch Deutschland hat Stahlfässer mit radioaktivem Inhalt aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe (KfK, inzwischen KIT Nord) im Atlantik versenkt. Parallel zur Einlagerung radioaktiver Abfälle im alten Salzbergwerk ASSE II verfolgte die damalige Bundesregierung auch andere „Entsorgungswege“. Bei der Deutschen Atomkommission war man beeindruckt von der Möglichkeit, mit einer Verklappung im Meer schon bei der vorherigen Zwischenlagerung des Atommülls Geld sparen zu können, da infolge der späteren Verklappung die billigsten Fässer verwendet werden könnten.
Deshalb beteiligte sich im Mai 1967 die Bundesrepublik Deutschland an der Entsorgung radioaktiver Abfälle im Atlantik, 450 km vor der Küste Portugals. 480 Fässer aus dem KfK wurden in Emden auf die „Topaz“ umgeladen, die die strahlende Fracht zu ihrem Bestimmungsort brachte.
Auch bei diesem Transport wurde die Gefährlichkeit beim Umgang mit der gefährlichen Fracht wie immer verharmlost. Im Zwischenbericht der Studiengruppe Tiefenlagerung der Gesellschaft für Kernforschung – also der Abfalllieferanten – vom 29. Mai 1967 heißt es zur Aktion in Emden: „Die Umladung erfolgte ohne Störungen. Lediglich bei Beginn der Arbeiten zeigten die Schauerleute eine gewisse Scheu vor ihrer Tätigkeit und leisteten in geringem Umfang passiven Widerstand, da sie sich aus den Presseberichten über die Errichtung einer Salzkaverne in Bunde die Meinung gebildet hatten, dass jeder Umgang mit radioaktiven Abfällen in höchstem Maße gefährlich sei. […] Dank der wohlwollenden Unterstützung durch Hafenbehörden, Zoll und Gewerbeaufsichtsamt (die von der Gefährlichkeit der Abfälle ursprünglich auch überhöhte Vorstellungen hatten) konnten verschiedene kleinere Schwierigkeiten überbrückt werden“.
Insgesamt entsorgten europäische Staaten 220.000 Fässer mit radioaktivem Müll an 15 Stellen im Atlantik. Mehr als 28.000 Fässer davon liegen im Ärmelkanal vor der französischen Küste in etwa 100 Metern Tiefe.
Die letzte Fahrt eines deutschen Forschungsschiffes in die Versenkungsgebiete des deutschen Atommülls bei Portugal fand 2005 statt, wobei allerdings die radioaktiven Wasserproben laut Bundesregierung wegen ´technischer Defekte´ unbrauchbar waren.
Einen anderen Entsorgungsweg im Salz haben die damaligen Koryphäen der deutschen Atomforschung im KfK ebenfalls empfohlen und durchgeführt: die Lagerung von 128.000 Atommüllfässern im stillgelegten Salzbergwerk Asse, von denen rund 60.000 aus Karlsruhe stammen.
In das Bergwerk ist inzwischen ´Wasser eingedrungen´ (Klartext: das Bergwerk säuft ab), so dass für diese Fässer noch ein ´sicheres´ Lager bereitgestellt werden muss. Dies gilt auch für die noch im KIT Nord lagernden rund 75.000 Fässern mit schwach radioaktiven Atommüll in zum Teil schon verrosteten Fässern (eine neues Lager muss gebaut werden). Im neuen Zwischenlager für mittelaktiv strahlenden Atommüll befinden sich 6.500 Fässer, die täglich immer noch mehr werden, da der Abriss der Atomanlagen im ehemaligen KfK erst zu rund 30 % erfolgt ist. Für diesen Atommüll wie die noch vielen anderen tausenden von Fässern aus dem Abriss der deutschen Atomkraftwerke besteht ´Hoffnung´ auf das Erzbergwerk Schacht Konrad.
Doch hoffen auf Schacht Konrad könnte sich – im wahrsten Sinne des Wortes – als ein Schlag ins Wasser herausstellen: Aktuell gibt es keine Gebinde, die die Anforderungen aus den derzeit gültigen Endlagerungsbedingungen sowie der gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis vollumfänglich erfüllen und damit im Endlager Konrad eingelagert werden können. Bisher ignorieren die Verantwortlichen bei Bund und Land diese Tatsachen, eine Klage ist beim OVG Lüneburg anhängig. Ein Festhalten an Schacht Konrad verbaut den Weg für einen verantwortungsvollen Umgang mit ebendiesen Abfällen.
Ebenfalls keine Aussicht auf ein unterirdisches Lager besteht für die rund 1900 wärmeentwickelnden, hochradioaktiven Atommüllbehälter (= Castoren) in unseren gegen Terror (eine Kampfdrohne moderner Bauart würde genügen um unsere Region radioaktiv zu verseuchen) ziemlich schwach ausgelegten Zwischenlagern (80 cm Beton in Philippsburg anstatt 2 m beim Neubau des Lagers für mittelaktiven Atommüll im KIT Nord) an den 18 Atomstandorten in Deutschland.