Renaissance der Atomenergie vor allem in den Medien

Beitrag von Harry Block

Deutschland ist raus aus der Atomkraft. Aber international ist viel die Rede von einer Renaissance der Nukleartechnik als klimaschonende Energiequelle. Auf der Weltklimakonferenz in Dubai kündigte im Dezember eine Allianz von 22 Staaten an, die Kapazität der Atomenergie bis 2050 zu verdreifachen. 2023 gingen nach Zählung der Internationalen Energieagentur (IEA) weltweit zwar nur fünf neue Reaktoren in Betrieb, und der Anteil des Atomstroms an der globalen Elektrizitätsversorgung hat sich seit dem Höhepunkt Mitte der Neunzigerjahre fast halbiert, aktuell liegt er nur noch bei etwa 9 Prozent. Aber der Ehrgeiz ist groß, dass es weitergeht, weil viele Länder über die sogenannte ´friedliche´Nutzung „ der Atomenergie das Know how für die militärische Seite = Atomwaffen damit zu bekommen glauben.

Zu einem aktuellen Bericht in den BNN ‚Allianz für Kernkraft‘, am 22.3.2024 habe ich einen Leserbrief geschrieben, der nicht gebracht wurde. Deshalb hier an dieser Stelle:

Ursula von der Leyen setzt auf den Ausbau der Atomkraft. Für sie könnte Atomenergie ein „wichtige Rolle bei der Umstellung auf saubere Energie spielen“, sagte die EU-Kommissionspräsidentin am Donnerstag (21.32024) beim „Nuclear Energy Summit“ in Brüssel. An dem Treffen, zu dem die Internationale Atomenergiebehörde IAEO und die belgische EU-Ratspräsidentschaft eingeladen hatten, beteiligten sich hochrangige Vertreter aus rund 35 Staaten. Sechs verschiedene Reaktorkonzepte werden in der Welt untersucht. Auch die CDU fordert in ihrem neuen Grundsatzprogramm Offenheit für Reaktoren der vierten oder gar fünften Generation. Einziges Problem: Es gibt sie bisher vorwiegend nur auf dem Papier.

Speziell warb von der Leyen für den Bau von Kleinen Modularen Reaktoren („Small Modular Reactors“, SMR) als eine technische Neuerung. „Es gibt schon mehr als 80 Projekte weltweit, und einige unserer Mitgliedstaaten haben ein starkes Interesse an diesen Reaktoren bekundet“, behauptete sie.

SMR sind Mini-AKWs mit einer Leistung von etwa 15 bis höchstens 300 Megawatt – die gängigen Leichtwasserreaktoren leisten hingegen 1.300 bis 1.600 Megawatt. Zum gleichen Zeitpunkt stellt das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (Base) Berlin eine neue Studie vor, die zu einer vernichtenden wissenschaftlichen Bewertung der SMR kommt. Eine Markteinführung der neuen Reaktortypen sei aktuell nicht absehbar, sagte der neue Base-Präsident Christian Kühn: „Trotz teils intensiver Werbung von Herstellern sehen wir derzeit keine Entwicklung, die den Bau von alternativen Reaktortypen in den kommenden Jahren in großem Maßstab wahrscheinlich macht.“ Sie existieren nur auf dem Papier. Und sie haben Nachteile, die einige sicherheitstechnische Vorteile ins Gegenteil verkehren, weil es noch viele ungeklärte Probleme bei den SMR gibt. Vor allem auch die mögliche Proliferationsgefahr (= Weitergabe von atomarem Wissen und Material für Atomwaffen) würde durch SMR wesentlich erhöht.

Die kleinen Reaktoren lösten, so Kühn, „weder die Notwendigkeit, ein Endlager für die radioaktiven Abfälle zu finden, noch die drängenden Fragen des Klimaschutzes“. Wer wie Frankreichs Ministerpräsident und Frau von der Leyen damit heute Euphorien auf eine neue Illusionsblase weckt, blendet offene Fragen, die enormen Kosten und Sicherheitsrisiken vollständig aus.

Die nachhaltige und kostengünstige Zukunft gehört den regenerativen Energien aus Sonne, Wind- und Wasserkraft.