Aktionen von „Letzte Generation“ sind gerechtfertigt

Mitglieder von „Letzte Generation“ haben in Karlsruhe in der vergangenen Woche Verkehrsblockaden durchgeführt und dafür laut Medienberichten zum Teil scharfe Kritik von Autofahrer:innen und Passant:innen geerntet.

Das Klimabündnis Karlsruhe stellt fest: Ziviler Ungehorsam gehört zu einer freien Gesellschaft. Die heftigen Reaktionen gegen die Blockaden bis hin zur Kriminalisierung der Aktivist:innen sagen viel über die Gereiztheit einer Gesellschaft aus, die nicht daran erinnert werden möchte, dass ihre Art zu leben und zu wirtschaften fundamental in die falsche Richtung führt – hin zur endgültigen Zerstörung unserer Lebensgrundlagen.

Wir alle wissen: es geht bei der Klimakrise um eine drohende Menschheitskatastrophe. Der am 20. März 2023 veröffentlichte 6. IPCC-Bericht weist nachdrücklich darauf hin, dass nur radikales Umsteuern diese Katastrophe verhindern kann – weg von fossilen Energien und Industrien, hin zu nachhaltigem Wirtschaf-ten. Die Klimakrise ist nicht über uns gekommen, wir haben sie gemacht.

Am 29. April 2021 stellte das Bundesverfassungsgericht (BVG) in seinem „Klima-Urteil“ fest, dass gegen die in Paris vereinbarten rechtsverbindlichen Klimaziele verstoßen wird. Das Urteil sagt, dass eine mangelhafte Klimapolitik künftige Generationen in ihren Freiheitsrechten verletzt.

Die Ziele, die „Letzte Generation“ einfordert, sind weder radikal noch revolutionär: Ein Tempo-100-Limit auf deutschen Autobahnen und ein flächendeckendes 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Aber anstatt diese berechtigten Forderungen umzusetzen, werden diejenigen in Misskredit gebracht und teils kriminalisiert, die das Primat der Klimagerechtigkeit in Politik und Gesellschaft einfordern.

Zur gleichen Zeit beharren Kräfte in der sogenannten „Fortschrittskoalition“ in Berlin auf einem Weiter-so. Damit ignorieren sie das „Klima-Urteil“ des BVG und brechen das verbriefte Lebensrecht künftiger Generationen. So kommt es – um nur drei aktuelle Beispiele zu nennen – beim Verbrennungsmotor, beim Straßenbau, bei fossilen Heizsystemen zu faulen Kompromissen, die den notwendigen Umbau blockieren. Nicht diejenigen, die wie „Letzte Generation“ auf diesen Sachverhalt hinweisen, sind kriminell, sondern diejenigen, die ein klimagerechtes Umsteuern verhindern.

Seit den späten 1970er-Jahren wusste der Energiekonzern ExxonMobil, dass fossile Energieprodukte zu einer globalen Erwärmung führen mit „dramatischen Umwelteffekten vor dem Jahr 2050“. Die Ergebnisse der Untersuchung, die im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurden, zeigen, dass ExxonMobil die globale Erwärmung ziemlich genau vorhergesagt hat. Doch ExxonMobil tat alles dafür, diese Erkenntnisse zu vertuschen. (https://www.klimabuendnis-karlsruhe.de/2023/01/14/die-klimaterroristen-der-fossi-len-industrien)

Fossile Energien haben bis heute Millionen von Menschen das Leben gekostet und werden weiterhin Millionen von Menschen das Leben kosten. Sie führen zu Artensterben und zerstören die Tier- und Pflanzenwelt. Wider besseres Wissen haben die fossilen Industrien an ihrem Geschäftsmodell festgehalten, das unsere Welt an den Abgrund geführt hat. Wenn also „Klimaterroristen“, das Unwort des Jahres 2022, auf eine Gruppe zutreffen sollte, dann auf die, die mit ihrer Art zu wirtschaften den Planten ruiniert haben: die fossilen Industrien.

Wir, das Klimabündnis Karlsruhe, sind Teil der weltweiten Klimaschutzbewegungen. Unser Ziel ist es nicht nur, auf die Einhaltung der Pariser und der deutschen Klimaziele zu pochen, sondern auch in Karlsruhe den Klimaschutz einzufordern – und zwar umfassend in allen Sektoren wie Energieversorgung, Verkehr, Bauen, Gesundheit, Stadtklima und Stadtgrün.

Um Politik, Verwaltung und Bürger:innen an die dringend notwendige Umsetzung der Klimaziele zu erinnern kann gewaltfreier ziviler Ungehorsam ein Teil der Protestaktionen für Klimagerechtigkeit sein. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Aktionen der Gesellschaft „Unannehmlichkeiten“ zumuten.

Nicht nur Unannehmlichkeiten, sondern nie dagewesene Katastrophen wird uns der Klimawandel jedoch in den kommenden Jahrzehnten zumuten, wenn jetzt nicht radikal umgesteuert wird. Darauf weisen die Aktionen der Gruppe „Letzte Generation“ hin und in diesem Sinn hält das Klimabündnis Karlsruhe sie grundsätzlich für gerechtfertigt.

Die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe ist Teil des Klimabündnisses KA.