Blackouts in der AKW-Debatte: Wie viel kostet Atomenergie wirklich?

Berliner Zeitung 28.09.2022

Eine Laufzeitverlängerung der deutschen AKW soll den Zugang zu kostengünstiger Energie verbessern. Unser Autor meint: Die wahren Kosten werden nicht genannt.

Achim Brunnengräber

In der Schweiz, nahe der deutschen Grenze zu Baden-Württemberg, soll ein Tiefenlager für sämtliche radioaktiven Abfälle gebaut werden, die im Land erzeugt wurden. So hat es die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) Mitte September 2022 bekannt gegeben. Bis das Lager gebaut sein wird, werden noch Jahrzehnte vergehen. Läuft alles nach Plan, soll die Einlagerung in Nördlich Lägern im Jahr 2050 beginnen; über 80 Jahre, nachdem das erste Atomkraftwerk (AKW) in der Schweiz Strom erzeugt hat. Im Jahr 2125 (!) soll es verschlossen werden. Für 100.000 Jahre soll das Tiefenlager dann, so sieht es der Plan vor, den strahlenden Atomabfall so sicher wie nur möglich vor den Menschen und der Umwelt abschirmen.Ortswechsel: In der Nacht zum 04. März 2022 ist in der Ukraine im Atomkraftwerk in Saporischschja nach Kampfhandlungen erstmals ein Feuer in einem Gebäude für Ausbildungszwecke ausgebrochen. Seither ist das AKW, das mit einem russischen Druckwasserreaktor ausgestattet und Europas größtes AKW ist, zum strategischen Kampfplatz im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geworden. Die russische und die ukrainische Regierung beschuldigen sich gegenseitig, das AKW und die umliegende Infrastruktur angegriffen zu haben. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) warnte Anfang September davor, dass sich das Risiko einer Nuklearkatastrophe „signifikant erhöht“ hat.

Haben beide Ereignisse etwas mit der Debatte in Deutschland über den Streckbetrieb, die Einsatzreserve oder die Laufzeitverlängerung von AKW zu tun? Auf den ersten Blick nicht. Die Debatte ist vor allem davon geprägt, dass vieles ungesagt bleibt (wie in dem Beitrag von Ulrich Waas, Berliner Zeitung vom 13. September 2022). Das hat System: Die jahrzehntelange und unerledigte Entsorgung des Mülls wird von der Atomlobby ebenso wenig thematisiert wie der Zusammenhang zwischen der vermeintlich zivilen und der militärischen Nutzung der Atomenergie (anders Ute Rippel-Lau von den Internationalen Ärzt:innen für die Verhütung des Atomkrieges in der Berliner Zeitung vom 21. September 2022).

Dagegen waren es doch fundierte Argumente, unvorhergesehene Katastrophen und immer wieder Zwischenfälle wie Leckagen, Brände oder Kurzschlüsse, die den Ausstieg aus der Atomkraft begründeten und nahelegten. Begleitet wurde dies stets von großem, gesellschaftlichem Engagement der Anti-Atom-Bewegung, die auf die Probleme und Gefahren immer wieder hingewiesen hat. Der Alterungsprozess von AKW schreitet weltweit voran und liegt im Durchschnitt bei über 30, in den USA sogar bei über 40 Jahren. Die Reaktoren der drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland, um die es geht, sind betagte 34 Jahre alt. Die letzten Sicherheitsüberprüfungen fanden dort 2009 statt. Zusammen genommen gab es in den drei verbleibenden Reaktoren 407 meldepflichtige Ereignisse.

Die wahren Kosten der Atomenergie werden verschwiegen

Letztlich besteht das Prädikat der Sicherheit nur so lange, wie kein Unfall eintritt. Frei von der Gefahr eines Super-GAUs werden AKW nie sein. Ob die Reaktorkatastrophe durch Baumängel und Bedienungsfehler (Tschernobyl 1986), einem heftigen Erdbeben und in der Folge eines riesigen Tsunamis (Fukushima 2011) oder durch Kriegshandlungen und Terrorismus verursacht wird (so die Gefahr am AKW Saporischschja); die Ereignisse haben eines gemeinsam: Sie machen uns die Unbeherrschbarkeit der Hochrisikotechnologie deutlich.

Zwar weisen die IAEO oder Sicherheitskommissionen darauf hin, dass solche Anlagen weder Ziel einer Drohung noch Ziel der Anwendung militärischer Gewalt werden dürfen. Wir erleben aber gerade, dass solche Warnungen im Kriegsfall null und nichtig sind. Auch von obertägigen Zwischenlagern für hochradioaktive Abfälle gehen vor diesem Hintergrund Risiken aus. Vorhaben für Tiefenlager in Finnland (Onkalo), Schweden (Östhammar), Frankreich (Bure) oder in der Schweiz (Nördlich Lägern) werden als Modellvorhaben angeführt. Sie sollen zeigen, dass die Entsorgungsfrage im Prinzip lösbar ist. Der Atommüll wird aber auch in diesen Ländern noch viele Jahrzehnte obertägig zwischengelagert werden.

Auch die Kosten werden im Zeitverlauf erheblich steigen – sie sind ebenfalls unberechenbar. Der Rückbau der AKW in Rheinsberg und Greifswald (Lubmin) sollte 2015 noch 4,2 Milliarden Euro kosten, danach wurden vom Rückbaubetreiber, den bundeseigenen Energiewerken Nord (EWN), 6,6 Milliarden veranschlagt. Aber auch diese Summe aus dem Jahr 2016 wird mit Sicherheit nicht ausreichen.

n der Schweiz lassen sich die Kosten auch nach Bekanntgabe des konkreten Standortes kaum beziffern. Nach einer Schätzung aus dem Jahr 2021 wird von 20 Milliarden Schweizer Franken ausgegangen. Für Kompensationszahlungen an die umliegenden Gemeinden in der Grenzregion sind 800 Millionen Franken im Gespräch. Niedrig ist der Preis für Atomstrom nur dann, wenn er nicht die ganze Wahrheit sagt – und auch andere Umweltkosten, wie sie etwa beim Uranabbau anfallen, verschwiegen werden.

Der Abbau geht außerdem mit der Vertreibung von indigenen Völkern, Brandrodungen oder der Verunreinigung von Grundwasser einher. Solche Ungerechtigkeiten gehören sowohl im globalen Süden (Brasilien oder Kasachstan) wie auch im globalen Norden (etwa Kanada) zur Atomenergie, kommen aber in den Bilanzen der Betreiberfirmen nicht vor.

Insgesamt 24,1 Milliarden Euro wurden von den deutschen AKW-Betreibern am 3. Juli 2017 auf die Konten einer öffentlich-rechtlichen Stiftung überwiesen. Die Stiftung verwaltet den „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“ (KENFO). Ihr Ziel ist eine Vervielfachung der Rücklagen innerhalb dieses Jahrhunderts vor dem Hintergrund des für 2099 angenommenen Preisniveaus auf insgesamt 169,8 Milliarden Euro. Bei der Berechnung wurde von einem niedrigen Inflationsniveau von jährlich 1,6 Prozent (!) ausgegangen; derzeit liegt sie bei knapp 8 Prozent.

Jegliche finanziellen Risiken und Verantwortlichkeiten der zentralen Zwischen- und Endlagerung sind mit dem Fonds an die Gesellschaft übergangen; sie wurden vergemeinschaftet. Beim Neubauprojekt in Großbritannien, das immer teurer wird und dessen Fertigstellung dem Zeitplan weit hinterherhinkt, ist das nicht anders: Für Hinkley Point C hat die britische Regierung eine garantierte Einspeisevergütung für den erzeugten Strom über 35 Jahre und einen Inflationsausgleich zugesagt.

Ohne staatliche Subventionen würde auf der ganzen Welt kein einziges AKW mehr gebaut werden. Von Wirtschaftlichkeit und einer kostengünstigen Stromproduktion kann nicht die Rede sein. Schließlich lässt sich Atomstrom nicht CO2-frei erzeugen. Sicher, Atomstrom emittiert in der Erzeugung zwar im Vergleich zu Kohle- oder Gaskraftwerken weniger CO2, aber klimafreundlich ist er deshalb noch lange nicht. Die klimaschädlichen Emissionen entstehen besonders vor und nach der Stromerzeugung, etwa beim Kraftwerksbau sowie beim Rückbau, den umfangreichen Baumaßnahmen zur Zwischen- und Endlagerung sowie beim Transport der radioaktiven Abfälle.

Die Zukunft liegt in erneuerbarer Energie

Kommen wir zum Kernargument für den Streckbetrieb oder die Laufzeitverlängerung: Der Stromanteil aus den drei laufenden AKW betrug im 1. Quartal 2022 nur noch rund 6 Prozent an der Stromerzeugung in Deutschland. Für die Wärmeversorgung der Haushalte, die mit Gas oder Öl heizen, bringt das nicht viel. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW schätzte das Potenzial der AKW, Gaskraftwerke in der Stromproduktion zu ersetzen, auf rund drei TWh, das entspricht 0,6 Prozent des Gesamtverbrauchs im Jahr 2020/21. Nach dem sogenannten Zweiten Stresstest liegt die Einsparung bei Gas nur im Promillebereich.

Warum also dieser Hype pro Atomenergie, der sich gegen den Ausstiegsbeschluss wendet, der nach jahrzehntelangen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen 2011 gefasst wurde und die Transformation in eine sichere und nachhaltige Energieversorgung einleiten sollte? Es handelt sich um das letzte Aufbäumen einer alten Denkschule, in der zentralistische Versorgungssysteme und insbesondere die Atomenergie langfristig gerettet werden sollen. In der Krise wird die Chance dafür gesehen. Von den verbliebenen Atomkraftlobbyisten wird dazu aufgerufen, alte Grabenkämpfe zu überwinden und für einen größeren Realitätsbezug plädiert.

Dagegen haben die Atomkraftgegner jahrzehntelang auf die Gefahren der Hochrisikotechnologie in Friedens- (vermeintlich zivile Nutzung), wie in Kriegszeiten (Atombombe) hingewiesen. Wir wären, hätte die Vernunft in den 1970/80er-Jahren gesiegt, heute in einer völlig anderen Situation. Damals wurde der profitable, aber höchst riskante „harte“ Weg des Zentralismus in der Energieversorgung gewählt, während Zukunftsforscher wie Robert Jungk bereits damals eindringlich auf den „sanften Weg“ (1980) hinwiesen: die größtmögliche und dezentrale Nutzung unerschöpflicher Energiequellen wie Solarenergie, Wind- und Wasserkraft oder Geothermie.

Vor allem junge Menschen sehen heute, dass dies eine Fehlentscheidung war. Aufgrund der Erfahrungen des Krieges, der die europäische Energiewirtschaft vor immense Herausforderungen stellt, und der technischen Möglichkeiten, die heute bestehen, muss dagegen die Energiewende vorangebracht werden. Das Primat der Energieunabhängigkeit und der Zukunftsfähigkeit müssen neben allen Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Vordergrund stehen.

Für den Übergang ins Zeitalter der erneuerbaren Energien sind AKW – gerade in Kriegszeiten und auch bei möglichen Versorgungsengpässen in Deutschland – im Wärmebereich völlig irrelevant. Je früher der Ausstieg erfolgt, desto weniger Aufgaben, Risiken und Kosten werden an nachfolgende Generationen überantwortet. Im Ausbau der erneuerbaren Energien liegt der Kern der Zeitenwende, nicht im Fortschreiben von Problemen, die ungesagt bleiben.

Achim Brunnengräber ist Privatdozent am Fachbereich Politik und Sozialwissenschaften der FU Berlin und leitet am Forschungszentrum für Nachhaltigkeit ein Teilprojekt des Forschungsverbundes TRANSENS – Transdisziplinäre Forschung zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland.

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Leserbrief von Harry Block

zum BNN Artiel vom 26.09.22 ‚Das lange Ende der Atomkraft‘

Rückbau der Atomanlagen in Karlsruhe

Man muss nicht an die Ostsee nach Lubmin reisen, um in einem Atomkraftwerk einen sicheren deutschen Arbeitsplatz zu suchen. Man findet einen solchen auch auf dem Gelände des Campus Nord des KIT. Der Rückbau der atomaren Versuchsanlagen am ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe (KfK) geschah früher in der Verantwortung des KfK und ging mit Zwischenschritten auf die staatliche Bundesfirma „Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE)“ mit rund 650 MitarbeiterInnen über. Die Milliarden-Gelder zum Abriss der Altanlagen stammen mehrheitlich vom Bund, mit einem geringen Landesanteil.

Obwohl seit 41 Jahren abgerissen wird, ist Ziel des Rückbaus bis zur „Grünen Wiese“ nicht erreicht. Stattdessen sind die Projekttermine ständig nach hinten verschoben worden und die Kosten haben sich dramatisch erhöht. Schon im Jahre 2015 hat der Bundesrechnungshof (BRH) die Kostensteigerungen stark kritisiert. Was wird abgerissen:

Mehrzweckforschungsreaktor MZFR: Bau: 4 Jahre – Betrieb: 19 Jahre – Rückbau: seit 38 Jahren;

Schneller Brüter/Kompakte Natriumgekühlte Kernanlage II: Bau: 8 Jahre – Betrieb: 17 Jahre – Rückbau: seit 31 Jahren;

Reaktor FR 2: Bau: 4 Jahre – Betrieb: 20 Jahre – Rückbau: seit 41 Jahren;

Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe WAK: Bau: 5 Jahre – Betrieb: 19 Jahre – Rückbau: seit 31 Jahren.

Neben den finanziellen Folgen der Atomnutzung – allein der Rückbau der WAK wird rund 5 Milliarden Euro kosten und soll bis 2063 beendet sein – fallen jede Menge radioaktive Abfälle beim Rückbau an. So lagern rund 65.000 Atommüllfässer in einem inzwischen fast voll gefüllten Zwischenlager für schwachaktiven Müll. Bisher wurden tausende von Fässern auf Schäden kontrolliert, und fast 2.000 rostende Fässer mussten umgepackt werden. Ein neues Lager ist geplant. Auch das Lager für mittelaktiven Atommüll ist nahezu vollständig gefüllt. Deshalb wurde für rund 40 Millionen Euro ein neues Lager mit 850 Kubikmeter Lagerfläche für diesen sehr strahlenden, aber nicht wärmeentwickelnden Atommüll gebaut. Dieses Lager wurde vor wenigen Wochen in Betrieb genommen und muss, sofern das geplante ´Endlager´ Schacht Konrad irgendwann vorhanden ist, natürlich danach auch wieder abgerissen werden.

Beitrag der Anti-Atom-Ini KA beim Energie- und Klimafestival KA

Am Sa. 24.09.22 hat das Energie- und Klimafestival in Karlsruhe stattgefunden. Die Anti-Atom-Ini KA hat mit 2 Beiträgen zu den Themen derzeitige Atompolitik, die Diskussion um die Laufzeitverlängerungen und das Joint Research Center/KIT Nord informiert

Liebe Energie- und Klimabewegte,

Anete Wellhöfer von der Anti-Atom-Initiative Ka spricht zu den Themen „derzeitige deutsche Atompolitik und die im Raum stehenden Laufzeitverlängerungen“.

Vor 50 Jahren entstand die Anti-Atom-Bewegung in Westdeutschland. Geplant war mal, 600 AKWs in Deutschland zu bauen, es wurden dann 37 AKWs gebaut und heute gibt es noch 3 AKWs die laut Atomgesetz zum 31.Dezember 22 abgeschaltet werden müssen. Allerdings haben wir derzeit eine Debatte um Laufzeitverlängerungen von zwei Atomkraftwerken, es geht um Isar in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg. Die Atomlobby ist laut, es ist ihre letzte Möglichkeit Atomkraftwerke in Deutschland weiter laufen zu lassen. Die aufgebaute Drohkulisse heißt Blackout.

Diese Drohkulisse kennen wir schon aus der Vergangenheit. Z.B. in den 70er Jahren gebrauchte sie der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Filbinger. Er sagte damals, wenn das AKW Whyl bei Freiburg nicht gebaut wird, dann gehen die Lichter aus. Whyl wurde nicht gebaut und die Lichter gingen nicht aus.

Genauso wenig ist Deutschland derzeit von einem Strommangel bedroht. Deutschland exportiert Strom. Allerdings haben wir einen Gasmangel. Das ist aber was ganz anderes und dabei helfen uns die AKWs, die Strom produzieren, nicht weiter.
Deutschland exportiert gewaltig viel Strom derzeit nach Frankreich, weil Frankreich 70 % seines Stroms aus AKWs erhält, die aber zu mehr als der Hälfte derzeit nicht laufen. Soviel zur Versorgungssicherheit durch AKWs.

Erinnert ihr euch noch, letzten Winter hatten wir eine Diskussion, wg. der EU-Taxonomie. Die EU-Kommission hat Ende 2021 die EU-Taxonomie verabschiedet, in der geregelt ist, dass Atom und Gas nachhaltig sind. Alle wissen, dass Atom und Gas eben nicht nachhaltig sind, aber es war von Frankreich und Deutschland politisch gewollt, dass Atom, das wollte Frankreich und Gas das wollte Deutschland, das EU Label Nachhaltigkeit erhalten. Es war ein Deal der nichts mit Fakten zu tun hatte.
Mehrere Umweltorganisation wie der BUND, Greenpeace, WWF und andere, arbeiten an einer Klage gegen die EU, eben wg. dieser EU Taxonomie.

Am 11.03.2011 ereignete sich der Atomare Super Gau in Fukushima. Danach wurde durch schwarz-gelb das Atomgesetz geändert, es wurden 8 AKWs abgeschaltet und 9 liefen weiter. Laut diesem Gesetz sollen bis zum 31.12.22 alle verbliebenen 3 AKWs abgeschaltet werden.

Eine Frage an euch, die ihr für euch im stillen beantworten könnt. Wie steht ihr zu dem Thema Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. Lehnt ihr eine Laufzeitverlängerung ab, seid ihr unentschieden oder findet ihr eine Laufzeitverlängerung ok?

Hier nun ein paar Argumente was gegen den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken spricht:

Wie sieht es denn mit dem Thema Sicherheit der noch 3 laufenden AKWs aus? Die letzte Sicherheitsprüfung liegt 13 Jahre zurück. Die Periodische Sicherheitsprüfung ist laut Gesetz alle 10 Jahre fällig. Das wäre 2019 gewesen. Diese Sicherheitsprüfungen wurden wg. dem Abschalttermin zum 31.12.22 zurück gestellt. Somit müssten bei einem Weiterbetrieb diese Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt werden. Aber, so eine Sicherheitsüberprüfung kann mehrere Monate dauern und kostet Mio. Die Atomkonzerne machen selber darauf aufmerksam, dass man entweder Sicherheitsabstriche hinnehmen muss, für die sie nicht haften werden oder man müsste nachrüsten. Es kann doch nicht sein, dass wir für die hochgefährlichen AKWs auf Sicherheitschecks verzichten, die selbst jedeR Autofahrer*in alle 2 Jahre durchführen muss.

Beispiel AKW NWH: Die EnBW investiert in dieses über 30 Jahre alte AKW nichts mehr, da man bisher davon ausging, dass es Ende 2022 stillgelegt wird. Es ist bekannt, dass es im Dampferzeuger durch Korrosion Spannungsrisse im Primärkreislauf gibt, über 350 Stück und es werden bei jeder Untersuchung mehr. Wir haben also ein AKW mit Rissen, wo ein Gutachter von ausgestrahlt sagt, das könnte zu einer Kernschmelze führen, und das AKW soll jetzt weiterbetrieben werden, ohne große Sicherheitsprüfung, die nämlich im laufenden Betrieb nicht möglich wäre. Für die große Sicherheitsprüfung müsste nämlich das AKW abgeschaltet werden.

Was uns allen Bedenken geben sollte ist, dass die Atomkonzerne bisher die Haftung und Risiken bei einer Laufzeitverlängerung oder einem Reservebetrieb ablehnen. Das würde heißen, dass der Staat bzw. wir als Steuerzahler*innen die Haftung übernehmen und die Risiken tragen. Die Stromkonzerne hingegen erhoffen sich Strompreissteigerungen über den Jahreswechsel hinaus, die sie alleine einstreichen.

Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe, der BUND und andere halten den Weiterbetrieb von AKWs für rechtswidrig und sie haben Klagen angekündigt. Also die Umweltverbände wollen dagegen klagen, dass die Gewinne der Atomkonzerne privatisiert werden und die Risiken wir die Steuerzahler*innen tragen.

Atomkraft ist die gefährlichste aber auch die teuerste Energie, die Erneuerbaren sind viel günstiger.

Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie, es besteht immer die Gefahr eines Super Gau. Die derzeit noch laufenden 3 AKWs sind alt, die Gefahr eines Unfalls steigt mit dem Alter der Anlagen. Deshalb müssen die AKWs so schnell wie möglich abgeschaltet werden.

Die derzeitige Lagerung und die geplante Endlagerung von mittel und hochaktivem Atommüll ist nach wie vor ungelöst.

Ein weiteres Argument. Atomkraft ist kein Weg aus der Klimakrise, denn längere Laufzeiten von AKWs blockieren die erneuerbare Energien. Man spricht da auch von Netzverstopfung.

Thema Uran: Deutschland bzw. Europa verfügt über kein eigenes Uran, deshalb sind wir auf Importe aus Russland, Kasachstan, Namibia, Kanada, Australien angewiesen. Uran unterliegt nicht dem Embargo der EU und deshalb werden derzeit 700 Tonnen angereichertes Uran aus Russland nach Lingen gebracht. Dort werden die Brennstäbe für die französischen Atomkraftwerke gebaut. Wenn wir also die Atomkraftwerke in Deutschland weiter nutzen, sind wir abhängig von Russland. Die EU hat bisher noch keinen Uranimportstop gegen Russland beschlossen. Da stimmt doch in er Logik etwas nicht, wie kann man bei all dem Embargo Hyphe trotzdem weiter Uran aus Russland beziehen?

Angenommen es käme zu einer Laufzeitverlängerung in Form einer Reserve oder eines Streckbetriebes, dann müsste davor das Atomgesetz im Bundestag geändert werden. Ohne Gesetzesänderung ist am 31.12.22 Schluss, so schreibt es das Atomgesetz vor.

Wenn wir darüber reden, warum AKWs abgeschaltet werden müssen, dann spielt dabei auch das Thema Krieg ein große Rolle. In der Ukraine zeigt sich der Irrsinn der Atomenergienutzung. Atomkraftwerke und Atommülllager sind hochradioaktive Angriffsziele und nehmen große Teile eines ganzen Kontinents, wenn nicht der Welt als nukleare Geisel. Es braucht keine Atomwaffen, für einen nuklearen Krieg. Flugzeugabstürze, ob durch Unfall oder durch Abschuss, Beschuss von AKWs, Terror- und Cyberangriffe gegen all das sind AKWs nicht geschützt. Nicht nur die Ukraine sonder auch wir sind an diesem Punkt sehr verwundbar. All die Gefahren die es bei der Atomkraft gibt, gibt es bei den Erneuerbaren Energien nicht, da gibt es nicht die Gefahr eines Super Gaus, wo weite Gebiete unbewohnbar sein werden.

Deshalb: die Zukunft liegt in den nachhaltigen, kostengünstigen erneuerbaren Energien und dem Ausbau der Speichermöglichkeiten.

Rede von Harry Block:
Guten Tag beisammen, Sie werden sich vielleicht auch gefragt haben, warum gibt es in Karlsruhe eine Anti-Atom-Initiative, wo doch unser Atommeilerbetreiber EnBW sein letztes Atomkraftwerk vom Netz nimmt. Ich will jetzt gar nicht die Probleme und Kosten der 4 sich im Abriss befindlichen Reaktoren darstellen.

Es geht hier und heute darum, Ihnen die Atomprobleme von Karlsruhe kurz aufzuzeigen.

Das größte deutsche Zwischenlager für schwach- und mittelaktiven Atommüll liegt keine 10 km von hier im Hardtwald im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe. Dieses Kernforschungszentrum gehört heute zum Campus Nord des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT). 65.000 Atommüllfässer lagern hier, in rund 6.500 Containern untergebracht und übereinander bis unter die Decke gestapelt, in einem Zwischenlager für schwachaktiven Müll. Bisher wurden erst 20.000 dieser Fässer auf Schäden kontrolliert. Dabei wurden 2.000 rostende Fässer und viele Container mit Korrosionsstellen entdeckt. Das Problem der Lagerung des Atommülls wird sich aber noch erheblich verschärfen. Auch das Lager für mittelaktiven Atommüll ist nahezu vollständig gefüllt. Deshalb wurde für rund 40 Millionen Euro ein neues Lager mit 850 Kubikmeter Lagerfläche für diesen Atommüll gebaut. Dieses Lager für sehr stark strahlenden, aber nicht wärmentwickelnden Atommüll wurde vor wenigen Wochen in Betrieb genommen.

Die Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE) ist für den Abriss der Atomanlagen im KIT Nord zuständig.Die Milliarden Euro zum Rückbau der Atomanlagen auf dem Gelände stammen aus unseren Steuergeldern. Was wird zurückgebaut:

  • Mehrzweckforschungsreaktor: Rückbau seit 37 Jahren
  • Schneller Brüter Karlsruhe KNK I+II: Rückbau seit 30 Jahren
  • Atomreaktor FR 2: Rückbau: seit 40 Jahren
  • Wiederaufarbeitungsanlage WAK: Rückbau seit 30 Jahren
  • Verglasungsanlage: Bau 2 Jahre, Rückbau noch nicht begonnen.

Abgerissen ist noch nicht einmal die Hälfte der Anlagen.

Sie alle haben großflächig die Region mit radioaktiven Aerosolen und Stauben über Jahrzehnte belastet und belasten diese noch heute. Die Kosten des Rückbaus in Karlsruhe beliefen sich bisher auf über 2,5 Milliarden Euro. Davon haben die Betreiber gerade mal 0,5 Milliarden übernommen. Den Rest zahlen wir SteuerzahlerInnen. Ein Ende der Kostenspirale ist nicht abzusehen, weil sich die Betreiber neuerdings auch nicht mehr an den Endlagerkosten beteiligen.

Aber die Atomgeschichte Karlsruhes ist nicht beendet. Sie beginnt gerade mit einem teuren, gefährlichen Neubau. Auf dem Gelände des KIT Nord liegt das Herz und das Hirn der europäischen Atomforschung.

Seit April 2017 ist das Joint Research Centre (JRC) Standort Karlsruhe (ehemals Institut für Transurane = ITU) auf dem Gebiet des KIT Nord ein geistiges und materielles Zentrum der europäischen Atomforschung, weil alle europäischen Atominstitute nach Karlsruhe verlegt wurden. Zurzeit wird dort ein neues Forschungs- und Lagergebäude, Bau ‚M‘, u. a. auch für die Lagerung hochradioaktiver Stoffe, gebaut. Wir kennen die großen Genehmigungs-mengen: 180 kg Plutonium, 359 kg Uran, Thorium 450 kg auch 30 kg Neptunium 238, 6 kg Americium 241 und und und. Das sind sehr große Mengen Nuklearmaterial für eine Forschungseinrichtung, die sich in ihren Werbebroschüren als Ausbilder von Zollbeamten und als weltweites Überwachungszentrum im Rahmen der IAEA darstellt.

Im JRC arbeitet man an neuen Brennstoffen für Atomreaktoren. Dazu wird im JRC eine neue Atombrennstäbe-Zusammensetzung gebaut, die zur Bestrahlung nach Frankreich oder England geschickt werden. Sie kommen wieder zurück und man untersucht, dass was in den Brennstäben passiert ist. Was wir immer noch nicht wissen, trotz vieler Anfragen an das Umweltministerium BW als Aufsichtsbehörde, was genau dort zum Thema neue Brennstoffe für neue Atomreaktoren der 4. Generation geforscht wird.

Weltweit werden derzeit mehr als 60 Kernkraftwerke geplant oder gebaut, zwei neue auch in Europa. Dazu kommen die Absichten für Neubauten von kleinen modularen Reaktoren, die wie andere Reaktortypen mit spezifischen neuen Atombrennstoffen aus der Zeit gefallen scheinen, diese werden heute intensiv beforscht. 

KIT und JRC Standort Karlsruhe waren über viele Jahre über das EU-Projekt SAMOFAR an Thorium-Flüssigsalzreaktoren beteiligt. Diese neuartigen Reaktoren, die es für Schurkenstaaten ermöglichen würde, schnell ohne Wiederaufarbeitung an waffenfähiges Uran 233 heranzukommen, gilt es zu verhindern. Diese Gefahren ungekannten Ausmaßes gehen auch von Bill Gates aus, bei uns von der AfD und neuerdings auch von der FDP. Sie fordern Kleine Modulare Reaktoren, sogenannte (SMR), die es bisher nur auf dem Papier gibt. Dafür werden neuartige Brennstoffe benötigt.

Diese Tatsachen und die Verzahnung mit Forschungsbereichen der Nuklear-Institute des KIT Nord und Teilen des KIT Süd gilt unsere Aufmerksamkeit. Dies alles läuft unter dem Etikett ‚Sicherheitsforschung‘. Wir haben uns vorgenommen, Licht in das Dunkel der europäischen bzw. weltweiten Forschung und Entwicklung zu neuen Atomreaktoren zu bringen, diese zu dokumentieren und die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen.

Die ForscherInnen des JRC werden dazu gebraucht, als ‚Atomaufsicht´ die Fehler zu überwachen und zu beseitigen, an denen sie und ihre Atomkolleginnen selbst ursächlich beteiligt waren. Die Einweihung des neuen Flügels ‚M‘ markiert den Rückschritt einer zukunftsfähigen europäischen Energieforschung. Das JRC erstellte das Gutachten für die Taxonomie-Entscheidung der EU. Gas und Atom sind danach nachhaltige Energieformen. Man glaubt es nicht.

Das größte Fass im KIT kann ich hier aus Zeitgründen nicht aufmachen. Die meisten Forschungsgelder des KIT Nord fließen nicht in die Forschung an regenerativen Energien, sondern in die Fusionsforschung.

Wenn Sie sich weiter informieren wollen, wir sind heute am Stand des Klimabündnisses für Sie da. Sie finden auch weitere Infos auf unserer homepage www.anti-atom-ka.de.

Atomkraftwerke sind nicht dafür ausgelegt, variabel an- und abgeschaltet zu werden

Leserbrief von Harry Block zu ‚Analyse des Tages – Ein Weiterbetrieb war ein zu großes Risiko‘
(abgedruckt in der BNN vom 6.9.2022)

Die BNN-Analyse hat auf die Sicherheitsprobleme des geplanten ´Reservebetriebs der Atomkraftwerke´ Neckarwestheim 2 und Isar 2 aktuell hingewiesen. Auch der für das laufendend baden-württembergische Atomkraftwerk zuständige Leiter der Abteilung „Kernenergieüberwachung, Strahlenschutz“, Gerrit Niehaus, hat dies im Juli 2022 seinen bayrischen KollegInnen ins Stammbuch geschrieben, als diese nach einem handwerklich mageren TÜV-Gutachten Isar 2 einen Persilschein zum möglichen Weiterbetrieb ausstellten: „… dass Sie eine für mich nicht nachvollziehbare Beurteilung der Sicherheit vornehmen, die den Grundsätzen der deutschen Aufsichtspraxis widerspricht“. Zu diesen Grundsätzen gehöre es, „… sich auf gründliche Prüfungen und Nachweise zu stützen.“ Genau diese fehlen aber auch in Neckarwestheim, für dessen nicht erfolgte 10-jährige Sicherheitsüberprüfung mit dreijährigem Rabatt (wegen der geplanten Stilllegung am Ende des Jahres) der zitierte Beamte die volle Verantwortung trägt. Das Protokoll einer Telefonkonferenz mit den Chefs der drei Atomkraftkonzerne, an der auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck teilgenommen hat, stellt laut Süddeutscher Zeitung (4. Aug. 2022) fest, dass eine Laufzeitverlängerung über den 31. Dezember hinaus „erneute Fragen der Sicherheit und der Sicherheitsüberprüfung“ aufwürfe. Ein Weiterbetrieb sei daher „nur sinnvoll, wenn entweder die Prüftiefe der grundlegenden Sicherheitsanalyse verringert würde und/oder auf weitreichende Nachrüstungsmaßnahmen (…) verzichtet würde“. Allerdings würden die Atomkraftwerke „in einer Situation der Gasmangellage nur wenig Gas ersetzen“, heißt es weiter in dem Protokoll.

Die ´Reservestreckung´, die der Stresstest auch im Blick hatte, diente nur der Untersuchung zur Netzstabilisierung, aber nicht der eigentlichen Stromversorgung. Die Netzbetreiber sorgen sich im Winter über einige Stunden einer möglichen Netzschwankung in unserem Land. Grund der Instabilitäten: Vor allem Frankreich, wegen seiner zur Hälfte stillgelegten, maroden Atomkraftwerke, saugt derzeit viel Strom aus unserem Netz. Dort ist es genau diese Hochsicherheitstechnologie, diese weiterhin auf Atomreaktoren setzende falsche französische Energiepolitik, die die deutschen Netzbetreiber zur Feststellung trieben, dass unsere drei laufenden Atomkraftwerke mit 0,09 % zur Versorgungssicherheit unserer Stromversorgung betragen könnten.

Es ist aber nicht nur die Sicherheit, die gegen eine ´Reserve´ sprechen. Es müssten dafür erst einmal entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen im Bund und in den zwei betroffenen Ländern für den Weiterbetrieb geschaffen werden. Zudem sind dann teure technische und organisatorische Prüfungen vorzunehmen. Die Kosten des Stroms, die sich in den letzten Monaten dramatisch für uns alle erhöht haben, würden noch mehr steigen. Auch von wirksamen Maßnahmen zur massiven Stromeinsparung war leider bei der Ankündigung der Reserveatomkraft wenig zu hören.

Anti-Atom-Radtour am 17.08.22 von Speyer nach Karlsruhe

Die von .ausgestrahlt und den örtlichen Bürger*inneninitiativen organisierte und durchgeführte Anti-Atom-Radtour führt am 17.08.22 von Speyer nach Karlsruhe.

Hier dokumentieren wir die Redebeiträge von Harry Block am AKW Philippsburg und am KIT Nord.

Wir, die ‘Anti-Atom Initiative Karlsruhe‘, die ‚BI Müll und Umwelt‘, der ‚BUND Karlsruhe und Mittlerer Oberrhein‘ sowie GREENPEACE begrüßen euch herzlich an der teuersten Baustelle der EnBW. Vorne läuft der Milliarden teure Abriss der Vergangenheit von zwei Atomreaktoren und hinten der Neubau des größten Konverters der Republik für über 500 Millionen Euro.

Bis Ende 2019 war der Druckwasserreaktor (Block 2), bis 2011 der Siedewasserreaktor (Block 1) am Netz. Seit 1979 war der Normalbetrieb der Reaktoren die eigentliche Katastrophe. Billionen Becquerel Tritium, das nicht zurückgehalten werden kann, flossen in den Rhein, Billionen Becquerel an radioaktiven Gasen wie Jod 131 gingen über die Kamine in die Atmosphäre.

Noch in der Nachbetriebsphase sind meldepflichtige Ereignisse wie Störung um Notstromsystem wie im Januar 2022 möglich. 2001 ereignete sich der schwerste Störfall: Bor, das zu Steuern des Reaktors notwendig ist, wurde zu wenig eingegeben, so dass die Gefahr einer unkontrollierten Kettenreaktion und damit eines Supergaus bestand. Der Reaktor wurde daraufhin für Monate stillgelegt.

Da drüben arbeitet das Reststoffbearbeitungszentrum (RBZ), wie sie verniedlichend eine Atommüllfabrik nennen. Daneben das Standort-Abfalllager für mittelaktivem Atommüll – mittelaktiv heißt: Steht ihr eine Stunde neben einem solchen Fass, dann seid ihr tot. Und es gibt einen Kamin, der trotz bester Filter radioaktive Stoffe an die Umgebung abgibt. Das Standort-Abfalllager für hochradioaktive Stoffe, also die 65 Castoren, unterliegt seit 2020 der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) als neue Betreiberin, und damit zahlen alle Kosten der Lagerung aller Atomstandorte wir SteuerzahlerInnen.

Radioaktivität lässt sich auch an diesem Standort nicht einfach abschalten. Seit 2019 ist Philippsburg 2 abgeschaltet. Gefahr vorbei? Weit gefehlt. Es produziert zwar keinen Atomstrom mehr, das gesamte radioaktive Inventar – 840 Brennelemente, also 151 Tonnen Uran – ist aber noch im Reaktor vorhanden. Er braucht heute 30 Megawatt Strom zur Kühlung der sich noch in den Abklingbecken befindlichen hochaktiven Brennelemente. Sie werden wohl im nächsten Jahr in Castoren verpackt und ins hochaktive Zwischenlager des Bundes gebracht werden.

Dieses Zwischenlager soll schon seit vielen Jahren gehärtet werden, weil es nur Betonmauern von rund 80 cm besitzt. Es ist bist 2047 genehmigt und bis heute nicht gegen Einwirkungen von außen – sprich Terroranschläge – geschützt. Es ist derzeit mit 65 Castoren gefüllt. Es werden noch 5 Castoren mit hochradioaktivem Material aus La Hague hinzukommen.

Unsere Fahrt war als endgültige Ausstiegsfahrt geplant, nun heißt es auch schon bei einigen Grünen: „Atomkraft – ja bitte“. Oh, nein, dafür und für Kriege habe ich 1980 die GRÜNEN nicht mitbegründet und bin deshalb auch nicht mehr Mitglied.

Haben wir jahrzehntelang die Bevölkerung damit belogen, dass Atomkraftwerke gefährlich sind, wenn man ihre Sicherheitskontrollen nicht periodisch durchführt? Schon 2019 wurden für die drei jetzt noch laufenden Atomkraftwerke die Kontrollen ausgesetzt. Dies wird nun völlig aufgehoben. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Atomtechnologie eine Risikotechnologie darstellt. Das Urteil scheint vergessen, genauso wie die von uns immer genannte Terrorgefahr, die nun im Kriegsgebiet um die ukrainische Atomanlage Sapronischschja eine mir bisher nicht gekannte Gefahr der friedlichen Nutzung der Atomenergie aufzeigt. Die Gefährlichkeit eines Atomkraftwerkes durch Beschuss wurde noch nie betrachtet und wird uns nun vor Augen geführt.

Unsere Absicht, eine Fahrt in die neue Welt der regenerativen Energien zu machen, wurde durch die ´Streckungsdebatte´ zunichte gemacht. Es ist nun eine Protestfahrt. Die teuerste und gefährlichste Form, heißes Wasser zu erzeugen, soll nach der Ansicht von CDU, FDP und AfD nicht nur für einen gewissen Notfallzeitraum gestreckt, sondern sogar wieder reanimiert werden. Diese Meinung unterstützt mit angeblicher wissenschaftlicher Fundierung auch der Lobbyistenverband TÜV Süd mit einem läppischen Gutachten für Isar 2. Die noch in Betrieb sich befindlichen Atommeiler laufen seit 3 Jahren mit einem Sicherheitsrabatt. Die durch Gesetz vorgeschriebenen periodischen Sicherheitsprüfungen wurden 2019 wg. der Stilllegung der Atomkraftwerke ausgesetzt.

Der für diesen Standort zuständige Aufseher heißt Niehaus. Der Atomaufsichtsbeamte hat an seine bayrischen Kollegeneinen in einem Brandbrief geschrieben: „Sie nehmen eine nicht mehr nachvollziehbare Beurteilung der Sicherheit vor, die den Grundsätzen der deutschen Aufsichtspraxis in allem widerspricht. Zu diesen Grundsätzen gehört auch die gründliche Prüfung und Nachweise zu jeder Zeit.“ Die EnBW äußerte sich hierzu, dass ein Weiterbetrieb nur sinnvoll wäre, Zitat: “wenn entweder die Prüftiefe der Sicherheitsanalyse verringert werden und oder auf weitreichende Maßnahmen verzichtet würden“ Und natürlich müssten alle entstehenden Kosten vom Bund getragen werden.

Wir sagen der EnBW und der Politik: Bei der Sicherheit von kerntechnischen Anlagen darf es in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland nie Kompromisse geben. Die Sicherheit der Stromversorgung darf nie schwerer wiegen als die Sicherheit der Bevölkerung.

Das ist ein Rückfall nicht nur in die Zeit vor dem Atomausstieg, sondern in die finstersten Sechzigerjahre. So tief darf unser Land nicht sinken. Deshalb werden, wenn ein Weiterbetrieb erlaubt werden sollte, wir nicht nur demonstrieren, sondern der BUND und GREENPEACE werden dagegen klagen.

Ganz da hinten, wo die Kühltürme standen, wird der größte deutsche Konverter mit 2000 MW gebaut. Er wäre ein Teil der sicheren Versorgung Süddeutschlands mit Windstrom aus der Nordsee, wenn, ja wenn diese Gleichstromleitung nicht im Augenblick im Braun- und Steinkohlerevier in Kaarst enden würde. Der eine Fehler, die Atomenergie, wird hier gerade abgerissen. Gleichzeitig zementieren wir mit zigtausenden Tonnen Beton auf mehr als 20 Fußballfeldern die Energiewende mit einem 500 Millionen teuren Konverter ein. Hier wird heute wieder ein falsches Signal in Philippsburg gesetzt. Mit Unterstützung einer grünen Landesregierung und eines Gemeinderates, der mit zigtausenden Euro jährlichen Steuern rechnet, baut die EnBW eine vollautomatische Großanlage. Das Projekt ist nicht dezentral, regenerativ und schon gar nicht bürgerbeteiligt. Der Konverter unterstützt den alten Gigawattwahn der Energiemonopolisten. Er nützt nur den großen Netz- und Energieraubrittern wie der EnBW, die nur noch mit Netzentgeldern Profit machen können. Dieser Bau mit all seinen dazu notwendigen Stromleitungen ist ein Tiefpunkt einer immer noch falschen Energiepolitik. Ein Bewusstseinswechsel zum Stromsparen und für eine alternative Energie- und Mobilitätswende wird mit diesem Ausbau nicht erreicht.

Nachhaltig und klimaschonend sind nur die regenerativen Energien, und für die radeln wir heute.

Wir stehen hier am Geburtsort der deutschen Atomwirtschaft und Atomforschung.

Das ehemalige Kernforschungszentrum Karlsruhewurde – in einer sehr komplizierten Rechtsform – zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT Nord), einem Teil der ehemaligen UNI Karlsruhe.

Das Kernforschungszentrum wurde 1956 unter dem Atomminister Strauß gegründet. Es war das billigste Forschungslabor für Siemens Atomwirtschaft. Über viele Jahrzehnte liefen mehrere Forschungsreaktoren. Darunter den Forschungsreaktor 2 (FR 2), der heute als Museum dient. Und der Mehrzweckforschungsreaktor MFZR, der erste in Eigenbau realisierte deutsche Natururanreaktor, der gegen dem Willer der USA sich in Südafrika, Brasilien zusammen mit der hier entwickelten Anreicherungstechnologie gut für den Bau von Atomwaffen eignet. Viel Wissenschaftler aus Atomwaffenstaaten wie Pakistan, Indien etc. wurden hier in der Atomtechnik ausgebildet. In diesem Zentrum war alles vorhanden, was für eine Atomwaffe notwendig ist. ‚Besser‘ als eine Uranbombe wie die auf Hiroshima war eine Plutoniumbombe wie die auf Nagasaki. Dafür braucht man einen Reaktor, der waffenfähiges Plutonium erzeugen kann. Er wurde hier als der Brutreaktor-Prototyp „Kompakte Natriumgekühlte Kernreaktoranlage“ (KNK II) gebaut. Er war das Vorbild für den nie in Betrieb gegangenen Brüter in Kalkar. Der erste Brüter am Standort hatte kurz vor seiner Beladung mit seinen Plutonium-Brennstäben einen Natriumbrand. Der KNK 2 wurde von der Atomaufsicht abgeschaltet. Begründung: der Umgang mit radioaktiven Stoffen wird eingestellt, wenn sich daraus „Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter ergeben können“. Genau das fordern wir seit Jahren nicht nur für den EnBW Schrottreaktor in Neckarwestheim, sondern für alle Atommeiler.

In diesem Zentrum wurde der Januskopf der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie deutlich. Dies haben wir schon in den 80iger Jahren in einem Film (Bombenwahn) dargestellt: Brüter für das Plutonium, Wiederaufarbeitungsanlage für die Entnahme des Plutoniums, Tritiumlabor für den Zünder, Heiße Zellen zum Zusammenbau. Natürlich arbeiteten sie nicht an einer Bombe – aber Deutschland hätte die Möglichkeit gehabt, und um das ging es.

In der WAK hier wurde die Technologie erprobt, die später einmal im bayerischen Wackersdorf kommerziell genutzt werden sollte. In Wackersdorf kam diese Technologie jedoch nie zum Einsatz, weil der Widerstand der Bevölkerung zu stark war. 1991 war in Karlsruhe Schluss mit der Wiederaufarbeitung von Brennstäben. Über 1000 Kilo Plutonium wurden aus den Brennelementen gewonnen. Es gibt rund 3000 radioaktive Substanzen. In einem Atomreaktor entstehen etwa 500. Die blieben nach der Entnahme von uran und Plutonium in 70.000 Liter hochradioaktiven Flüssigabfälle, „High Activ Waste Concentrate“. Diese wurden zwischen September 2009 und November 2010 in der eigens dafür gebauten Verglasungsanlage (Baukosten 2 Milliarden) bearbeitet, verglast und in sogenannte Kokillen gefüllt. Diese, immer noch hochradioaktiv, wurden dann in Castor-Behältern 2011 nach Lubmin gebracht.

Und Heute:

Der Rückbau der kerntechnischen Versuchsanlagen erfolgt durch die Bundesfirma „Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE)“. Über 1.000 Beschäftigten sind mit dem Abriss der Atomreaktoren und der WAK beschäftigt – bisher sind über 3 Milliarden ausgeben und erst rund 30 % zurückgebaut – dies alles auf Kosten von uns SteuerzahlerInnen. Im Moment lagern rund 70.000 Fässer strahlendes Material im schwachradioaktivem Zwischenlager in Karlsruhe. Hunderte sind verrostet und müssen neu verpackt werden, wenn sie ins sogenannte Endlager nach Schacht Konrad gebracht werden sollen. Es existieren noch 2 Lager für mittelaktiven Atommüll, eines neu gebaut und mit 2 m dicken Betonwänden und aufwändigen Stahlkonstruktionen gegen die denkbaren Einflüsse von außen geschützt (Krieg und Terror natürlich nicht). Über 6500 Fässer liegen in dem streng bewachten Bereich.

Neben der der WAK befindet sich das Karlsruher Joint Research Center (JRC). Hier ist die gesamte EU-Atomwissenschaft zusammengefasst.

Es hieß früher Institut für Transurane (KIT).

Ein wesentlicher Teil ihrer Forschungsaufgaben (Abt. 5: Nukleare Forschung und Anwendung) befasst sich mit den Brennstoffen für neue Atomreaktoren der sogenannte 4. Generation. Dafür haben sie die Genehmigung für 180 kg Plutonium, hunderte Kilo auch waffenfähiges Uran und alle anderen radioaktiven Substanzen im Kilogrammbereich. Ein neuer riesiger Hochsicherheitsbau, das Gebäude M, befindet sich vor der Fertigstellung. Das JRC entwickelt kleine Brennstäbe, die in Frankreich oder England in Reaktoren eingesetzt und dann wieder zu Untersuchung ins JRC zurückgebracht werden. Ausgerechnet das Joint Research Center (JRC) wurde mit einem Bericht beauftragt, der das Greenwashing durch ein Gefälligkeitsgutachen für die Atomindustrie in der EU ermöglichte. In der darauf fußenden Taxonomie-Entscheidung hat die EU-Kommission hat also den Atom-Bock zum Umwelt-Gärtner gemacht. Das JRC-Gutachten untersuchte weder die möglichen katastrophalen Folgen eines Atomunfalls, noch berücksichtigte es die Risiken der Verbreitung von Kernwaffen.

Wir beobachten mit Sorge, dass Atomkraft-Befürworter auf das Vergessen und Verdrängen setzen und nun wieder unverhohlen Propaganda für den angeblichen sauberen Atomstrom durch Leserbriefe hier in Karlsruhe machen – leider auch in den öffentlich-rechtlichen Medien. Die Realität der laufenden wie der stillgelegten Atommeiler hier, der Krieg in der Ukraine und die notwendige Entsorgung des hochaktiven Atommülls entlarven täglich die Argumente der Befürworter als fake news. Aber die Forschung, Werbung und Bestellung vor allem von kleinen sogenannten ‚small reactors‘ nimmt gerade Fahrt auf und wird leider nicht nur von Bill Gates, sondern auch von der AfD und der FDP sowie hier in einem Institut des KIT und dem JRC befeuert. Dagegen müssen wir mit Argumenten angehen und auch wie wir heute demonstrieren. Robert Jungk („Heller als tausend Sonnen“) hat 1986 genau hier gestanden und den Menschen erklärt, was es heißt, in einem „Atomstaat´ zu leben. Er hat damals geschrieben und hier gesagt:

„Mit der technischen Nutzbarmachung der Kernspaltung wurde der Sprung in eine ganz neue Dimension der Gewalt gewagt. Zuerst richtete sie sich nur gegen militärische Gegner. Heute gefährdet sie die eigenen Bürger. Denn ´Atome für den Frieden´ unterscheiden sich prinzipiell nicht von ´Atomen für den Krieg´. Die erklärte Absicht, sie nur zu konstruktiven Zwecken zu benutzen, ändert nichts an dem lebensfeindlichen Charakter der neuen Energie. Die Bemühungen, diese Risiken zu beherrschen, können die Gefährdungen nur zu einem Teil steuern. Selbst die Befürworter müssen zugeben, dass es niemals gelingen wird, sie ganz auszuschließen. Der je nach Einstellung als kleiner oder größer anzustehende Rest von Unsicherheit birgt unter Umständen solch immenses Unheil, dass jeder bis dahin vielleicht gewonnene Nutzen daneben verblassen muss.“

(Der Atomstaat, Ausgabe 1984, S. 9).

Sicher und nachhaltig sind nur regenerative Energien, an denen auch in diesem Zentrum gearbeitet wird. Das vom Bund mit 90 % und dem Land mit 10 % geförderte Zentrum gibt aber den Löwenanteil seiner Fördergelder nicht für regenerative Energien, sondern für die Fusionsforschung aus.

„Die Sonne nachahmen“, das klingt natürlich sehr verführerisch. Wenn Befürworter der Kernfusion zugeben, dass bezüglich der friedlichen Nutzung der Fusion noch entscheidende Fragen offen sind, so weckt das Wörtchen „noch“ Hoffnung und rechtfertigt sozusagen großzügige staatliche Förderungen, auch im KIT. 

Es wäre tausendmal besser, die Finger von der Kernfusion zu lassen, sich somit neue Probleme mit der dabei entstehenden Radioaktivität zu ersparen. Stattdessen fordern wir, im KIT Nord nur noch in den Bereichen erneuerbare Energie und Energieeffizienz zu forschen und dies zu fördern. Dieses Zentrum beweist mit seinen Abrisstätigkeiten und radioaktiven Lagern täglich, dass die sogenannte kostengünstige friedliche Atomenergie ein gefährlicher und sauteurer Irrtum in der Energieerzeugung in Deutschland war. Das Zentrum sollte zum Vorreiter bei der Entwicklung effizienter, nachhaltiger und kostengünstiger regenerative Energieerzeugungsanlagen werden. Vor allem deshalb stehen wir heute hier auch an diesem Ort.

Zum Song von Patty Smith „People have the power“ führ die Anti-Atom-Radtour auf dem Karlsruher Marktplatz ein und wurde lautstark begrüßt.

Vortrag zum Thema Atompolitik

vom 13.08.22, Anete Wellhöfer

Das Thema Atompolitik ist riesengroß und Abend füllend. Ich hab mich jetzt auf einen kleinen Input beschränkt und zeige kurz einige Etappen der Anti-Atom-Bewegung auf und Punkte beim Thema Laufzeitverlängerung was ja derzeit sehr brisant ist.

Agenda:
– 50 Jahre Atompolitik im Schnelldurchlauf
– Beispiele für Widerstand
– Argumente gegen Laufzeitverlängerungen
– Zum Atomausstieg fehlt noch was

Geschichte und Widerstand:
Vor 50 Jahren entstand die Anti-Atom-Bewegung in Westdeutschland. Geplant waren mal 600 AKWs in Deutschland zu bauen, es wurden dann 37 Leistungsreaktoren gebaut und heute gibt es noch 3 AKW.
Ohne den Widerstand auf der Straße würde die Situation ganz anders aussehen.

In den 70er Jahren wehren sich die Menschen mit z.B großen Bauplatzbesetzungen, mit viel Erfolg, gegen den Bau von Atomanlagen. 1975 gab es in Wyhl BaWü die erste überregional beachtete Auseinandersetzung. Einer der Slogans: „Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv“. Erst 1994 wurde das Projekt aufgegeben. Zu Wyhl gibt es einen guten Film, „Nai hämmer gsait“.

Mitte der 70er Jahre hat die Politik und die Atomindustrie das Wendland/Gorleben als Atomklo bestimmt. Dort sollte in einem Salzstock der Atommüll der Nation endgelagert werden und eine Wiederaufarbeitungsanlage war geplant, aber der Protest war zu stark.

In den 80er Jahren wird die Anti-Atom-Bewegung zur gesellschaftlichen Mehrheit. Die erneuerbaren Energien entwickeln sich von Garagen-Bastlern zu einer Branche. Mitte der 80er, Jahre Kampf gegen die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf/Bayern.
1986 Reaktorkatastrophe Tschernobyl. Danach wurden keine neuen AKWs mehr geplant.

In den 90er Jahren heftige Kämpfe in Gorleben u.a. bei den Castor Transporten. Zusammengehen der Anti-AKW und Friedensbewegung. 1994 – 98 ist Merkel Umweltministerin. Ab 1995 Castortransporte.
1998 werden die Castortransporte vorübergehend gestoppt. In den 90er Jahren werden auch viele Strommasten aus Protest gefällt.

2000 rot-grüner „Atomausstieg“ Atomkompromiss. Für 2000 – 2005 waren 500 Castortransporte geplant, Dank des massiven Protestes wurde nur die Hälfte durchgeführt. 2008 Gründung von .ausgestrahlt.

Ein paar Beispiele von Demos in 2010 und 2011, damals war die Anti-Atom-Bewegung stark.
– 2008 Gorleben, 16.000 Menschen protestieren, Ergebnis: 24 Std. Verspätung für den Zug.
– April 2010 Menschenkette entlang der Elbe mit 120.000 Teilnehmenden
– Zeitgleich, Demo in Biblis mit 8.000 Menschen
– Sept. 2010, 100.000 in Berlin
– Zeitgleich, 50.000 in München
– dezentraler Castor Aktionstag mit 23.000 Menschen
– Okt. 2010, Laufzeitverlängerung durch schwarz-gelb
– Nov. 2010, 50.000 Menschen beim Castor im Wendland

11.03.2011 Fukushima Super Gau, danach Änderung des Atomgesetzes durch schwarz-gelb, es wurden 8 AKW abgeschaltet und 9 liefen weiter.

Protest für den Ausstieg
– 12.03.2011, 60.000 bei Menschenkette in Stuttgart
– 13.03.2011, 100.000 bei Mahnwachen im ganzen Bundesgebiet
– 26.03.2011, 250.000 in 4 Städten

30.06.2011, schwarz-gelber Atomausstieg, bis 2022

In all diesen Jahren gab es viele Skandale zu dem Thema. Die Recherchen der Anti-Atom-Bewegung haben viele davon ans Licht gebracht.

Zwischen 2015 und 2019 wurden 3 AKW abgeschaltet. Ende 2021 wurden weitere 3 AKW abgeschaltet und Ende 2022 sollen die letzten 3 AKW abgeschaltet werden. Dabei handelt es sich um Lingen im Emsland, Neckarwestheim in BaWü und Isar in Bayern.

Und nun in 2022 stehen wir vor einer evtl. Laufzeitverlängerung. Diese bahnte sich schon in den letzten 4 Jahren an. Gebetsmühlenartig forderten Wirtschaftsvertreter*innen und Politiker*innen von CDU/CSU und FDP den Weiterbetrieb. Die Meinung der AfD lasse ich außen vor. Die Strategie, nicht die AKW Betreiber*innen sondern Politik und Wirtschaft fordern die Laufzeitverlängerung.

Derzeit ist von Streckbetrieb und Laufzeitverlängerung die Rede. Den Streckbetrieb haben die Grünen erfunden, da geht es um Wochen bzw. Monate. Laufzeitverlängerung, also den Weiterbetrieb um mehrere Jahre fordern CDU/CSU und FDP.

Die 4 Atomkonzerne in der BRD: RWE, E.on, Vattenfall und EnBW (KA)

Was spricht gegen den Weiterbetrieb:
– Hochrisikotechnologie, Super Gau Gefahr, die AKWs sind alt, die Gefahr eines Unfalls steigt
– Uranabbau; fossiler Brennstoff Uran ist nicht unbegrenzt verfügbar; Naturzerstörung und Umweltverschmutzung; Import aus Russland, Kasachstan, Namibia, …
– Abhängigkeit von russischem Uran bleibt. Fast die Hälfte des in der EU eingesetzten Atombrennstoffs stammt aus Russland.
– Lagerung und Endlagerung von Atommüll mittel und hochaktiv ungelöst.
– Atomkraft kein Weg aus der Klimakrise, längere Laufzeiten blockieren erneuerbare Energien.
– Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe, der BUND und andere halten den Weiterbetrieb für rechtswidrig und sie haben Klagen wegen Staatshaftung angekündigt. (Gewinne privatisieren und Risiken verstaatlichen geht gar nicht.) Das Atomgesetz müsste im Bundestag geändert werden. Ohne Gesetzesänderung ist am 31.12.22 Schluss.
– Vertrag zwischen Bundesregierung und Atomkonzernen. Entschädigung 2.3 Mrd. € bei Stilllegung bis 31.12.22.
– Thema Brennelemente die erst noch bestellt bzw. gefertigt werden müssen, das geht nicht auf die Schnelle und fehlendes Personal.
– Wir haben einen Gasmangel, Wärme fehlt uns im Winter. Wir haben keinen Strommangel. Wir exportieren Strom nach Frankreich, weil die Hälfte ihrer AKWs derzeit abgeschaltet sind. Frankreich hat defekte AKW und zu wenig Wasser in den Flüssen.
– Sicherheitsmängel der 3 alten AKW, die letzte Sicherheitsprüfung liegt 13 Jahre zurück. Periodische Sicherheitsprüfung alle 10 Jahre, fällig 2019. Wurde wg. Abschalttermin zurück gestellt. Müsste bei Weiterbetrieb, auch Streckbetrieb, nachgeholt werden, kann bis zu 2 Jahren dauern und kostet Mio.
– Umweltverträglichkeitsprüfung müsste gemacht werden, vor dem Weiterbetrieb.
– Thema Krieg, Flugzeugabstürze, Terror- und Cyberangriffe. Deutsche Atomkraftwerke sind nicht dagegen geschützt.
– Haftung und Risiken bei Weiterbetrieb, die Konzerne lehnen Haftung ab.

Zum Atomausstieg fehlt noch was, denn es gibt noch folgende Themen:
– EU Taxonomie, Gas und Atom sind nun angeblich nachhaltige Energien
– Neue Atomreaktoren z.B. SMR, Thorium, 4. Generation
– Reaktorforschung in KA am KIT und JRC
– Der weiterbetrieb der Brennelementefabrik in Lingen und der Urananreicherungsanlage in Gronau
– Forschungsreaktor in Garching/Bayern
– Euratomvertrag
– Uranabbau
– Militärische Nutzung; Ohne Militär keine zivile Nutzung ohne zivile Nutzung keine militärische (Macron)

Ein weiteres ungelöstes Problem ist der Atommüll. U.a. Atommüllhalden in den „Zwischen“lagern in der gesamten Republik. Das ist ein großes eigenständiges Thema.

Wir brauchen:
– Systemwechsel
– Ausbau regenerativer Energien
– Dezentrale Systeme
– Effiziente Systeme
– Energieeinsparungen

Tipps für Veröffentlichungen, Magazine, Reader, Bücher, …
– Uran Atlas – Daten und Fakten über den Rohstoff des Atomzeitalters
– .ausgestrahlt Magazin
– Zeitschrift: Anti Atom Aktuell
– Broschüre: AKW-Abriss – versteckt-verteilt-verharmlost
– Buch: Strategische Einbindung – Von Mediation, Schlichtungen und runden Tischen … wie Protestbewegungen manipuliert werden
– Buch: Die Mitmachfalle – Bürger*innenbeteiligung als Herrschaftsinstrument

Dem Ausstieg entgegen! Die Zukunft ist erneuerbar! Deshalb: Kein Ausstieg aus dem Atomausstieg!

Medienmitteilung

Karlsruhe, 10. August 2022

Die große Anti-Atom-Radtour macht am 17.08.2022 Station in Karlsruhe. Protest gegen eine Laufzeitverlängerung – ja zum Atomausstieg.

Mit einer sechswöchigen Radtour durch Deutschland und vier Nachbarländer weist die Anti-Atom-Bewegung auf die Errungenschaften hin und setzt sich für die Abschaltung Ende 2022 der noch drei verbliebenen Atomkraftwerke ein.

Wir wollen nicht nur auf die Sicherheitsprobleme der laufenden Reaktoren, die ungeklärte Endlagerproblematik, die Behandlung des sich immer noch vergrößernden Menge an hoch, mittel und schwach aktivem Atommülls hinweisen, sondern zeigen, dass es einen alternativen Ausweg aus dem Atomdesaster gibt. Dieses russische Roulette, die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie, muss am 31.12.2022 in Deutschland wie geplant und beschlossen sein Ende finden.

Die von der bundesweiten Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt gemeinsam mit zahlreichen Anti-Atom-Initiativen, darunter die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe, geplante Tour macht am 17.08.2022 zwischen Philippsburg und Karlsruhe Station.

Ca. 10:30 Uhr Kundgebung am AKW Philippsburg

ca. 15:45 Uhr Kundgebung am KIT Nord, Nord-Eingang bei WAK

ca. 17:00 Uhr Kundgebung Marktplatz Karlsruhe mit anschließender Fahrraddemo durch die Karlsruher Innenstadt.

Wir laden die Presse und alle Interessierten zu den hier genannten Terminen ein, um sich über unsere Vorstellungen der Energiewende zu informieren.

Harry Block, ehemaliger Grüner Stadtrat: „Die Fahrraddemo soll ein deutliches Zeichen setzen gegen die aktuellen Versuche, Atomkraft wieder salonfähig zu machen“. Anete Wellhöfer von der Anti-Atom-Initiative KA hofft deswegen, dass möglichst viele ein paar Kilometer mitradeln.

Die große Anti-Atom-Radtour 2022 führt in 41 Etappen von Tihange (B) bis Gorleben und von Kahl am Main bis nach Freiburg. Auf den insgesamt 2.400 Kilometern sind zahlreiche Aktionen, Demos und Veranstaltungen geplant. Mitradeln ist möglich für einzelne oder mehrere Tage oder auch nur für ein paar Stunden. Aktuelle Infos zur Route und Programm gibt es unter ausgestrahlt.de/radtour.

Unsere Absicht, eine Fahrradtour in die neue Welt der regenerativen Energien zu machen, wurde durch die nun geführte Debatte von der ´Streckung´ der drei noch laufenden deutschen Atomkraftwerke zunichtegemacht. Es wird nun auch eine Protestfahrt.

Die teuerste und gefährlichste Technologie, um heißes Wasser zu erzeugen, soll nach der Ansicht von CDU/CSU, FDP und AfD nicht nur für einen gewissen Notfallzeitraum gestreckt, sondern sogar wieder reanimiert werden. Nicht nur die laufenden, sondern auch bereits abgeschaltete Reaktoren sollen weiterhin ans Netz.

Diese Meinung unterstützt mit angeblicher technischer Fundierung auch der Lobbyistenverband TÜV Süd. Auch führende GRÜNE haben inzwischen ihre Bereitschaft signalisiert, vom strikten Anti-Atom-Kurs der Partei abzuweichen, obwohl die sich noch in Betrieb befindenden Atommeiler schon jetzt mit Sicherheitsrabatten laufen, denn die durch Gesetz vorgeschriebenen periodischen Sicherheitsprüfungen wurden 2019 wg. der Stilllegung der Atomkraftwerke Ende 2022 ausgesetzt. Darauf hat auch der Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, hingewiesen, wenn er die vom Verfassungsgericht als Hochrisikotechnologie eingestufte Atomkraft nicht nur unter dem Gesichtspunkt Sicherheit, sondern auch unter der durch die Erdgasknappheit nicht vorhandene Wichtigkeit für die Stromerzeugung mit Atomkraftwerken beurteilte.

Rückfragen an:
– Harry Block, Anti-Atom-Initiative KA und BUND, Tel. 01715359473
– Anete Wellhöfer, Anti-Atom-Initiative KA, Tel. 01705543620

Anti-Atom Radtour Sommer 2022

DEM AUSSTIEG ENTGEGEN – DIE ZUKUNFT IST ERNEUERBAR1

Süddeutschland vom 13. August bis 4. September 2022

Start in Kahl/Main über z.B. Mörfelden-Walldorf, Biblis, Speyer, Karlsruhe, Heidelberg, Obrigheim, Neckarwestheim, Stuttgart, Mutlangen, Gundremmingen, Ulm, Riedlingen, Engen, Benken (CH), Basel (CH), Fessenheim (F), Wyhl, Freiburg.

weitere Infos: https://www.ausgestrahlt.de/aktiv-werden/anti-atom-radtour-2022/

Für Mitfahrende aus Karlsruhe:
wir fahren von Karlsruhe Hbf mit der Bahn nach Philippsburg
Zugverbindung zum AKW Philippsburg am 17.08.22:
Karlsruhe Hbf Abfahrt 9:28 Uhr, Gleis 4, S9 nach Mannheim
Umsteigen in Graben-Neudorf, Ankunft 9:43 Uhr Gleis 2
Abfahrt Graben-Neudorf Gleis 4 um 9:51 Uhr, S33 nach Germersheim
Ankunft Philippsburg um 9:59 Uhr
Gemeinsame Fahrt vom Bf Philippsburg zum AKW Haupteingang, dort schließen wir uns der Radtour nach Karlsruhe an.
Vorläufiger Ablauf:
10:30 Uhr Kundgebung AKW Philippsburg
ca. 15:45 Uhr Kundgebung KIT Nord Nordeingang
ca. 17 Uhr Kundgebung Marktplatz Karlsruhe mit anschließender Fahrraddemo Innenstadt Karlsruhe

Alternative zur Hauptversammlung der EnBW am 05.05.22

Am 5. Mai fand um 14 Uhr vor der EnBW Zentrale Durlacher Allee 93 in Karlsruhe ein Alternative, kritische Präsenz-Hauptversammlung der EnBW statt. Aufgerufen hatte die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe mit Unterstützung der Bürgerinitiative ‚Müll und Umwelt e.V.‘ und dem BUND Karlsruhe, da die diesjährige HV der EnBW grundlos wieder nur im Internet stattfindet.  

Die Veranstaltung war ein Erfolg zu dem auch das SWR Fernsehen kam und kurz darüber berichtete. (SWR aktuell um 18 Uhr über die ENBW-HV in dem unsere Aktion ganz kurz gezeigt und erwähnt wird ab 5:48
https://www.ardmediathek.de/video/swr-aktuell-baden-wuerttemberg/sendung-18-00-uhr-vom-5-5-2022/swr-bw/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE2NTY3MTI)



Es wurde protestiert gegen die Klimaunfreundliche Politik der ENBW. Zum Beispiel: Der Einsatz der Steinkohle an der Energieerzeugung hat sich 2021 um 41 % erhöht, der von den erneuerbaren Energien verringert.  Die EnBW plant an drei Standorten in Baden- Württemberg die klimapolitisch verheerende Umsetzung von Fuel-Switch-Projekten zur Umstellung von Kohle- auf fossile Gasbefeuerung an drei Standorten in Baden-Württemberg. Die Risikovorsorge der EnBW taugt nichts.  Ihre Zukunftsszenarien brachte die EnBW in die totale Abhängigkeit von russischen Kohle- und Gasimporten – wie von uns vorhergesagt. Zukunftsinvestitionen in regenerative Energien wie das Pumpspeicherwerk Forbach werden verschleppt. Insgesamt muss der Umbau auf 100 % regenerative dezentrale Energie zeitnah erfolgen. Dies geht jedoch nur wenn Energie keine Ware mehr ist, mit der Profit erwirtschaftet werden soll. Daher forderte ein Redner dass das Prinzip so wenige Energie wie möglich so viel wie nötig  weltweit endlich umgesetzt werden muss. Dies geht jedoch nur wenn die ENBW und andere EVUs in gemeinnützige nicht profitorientierte Gesellschaften umgewandelt werden.
Skandalöserweise wird der Vorstandsvorsitzende der EnBW nun auch noch durch ein Manager von Rolls Royce (!) ersetzt, was nicht gutes ahnen lässt…Außerdem droht möglicherweise eine Laufzeitverlängerung der AKWs, wie Mastiaux auf Nachfrage einräumte… 
Unser Widerstand ist somit weiterhin gefordert.

Redebeitrag von Gudrun Vangermain zur EnBW-Hauptversammlung (HV) vor Ort:

… Seit 10 Uhr findet die virtuelle, die Online-HV statt. Weshalb halten wir [Anti-Atom-Initiative Karlsruhe, BUND KA und BI Müll und Umwelt e. V.] hier die EnBW-Hauptversammlung (HV) vor Ort ab?

Bevor wir hier zum Inhaltlichen kommen, möchte ich euch, denen, die noch auf keiner HV waren, deutlich machen, worin der Unterschied zwischen einer ‚normalen‘ Präsenz-HV und einer virtuellen, einer Online-HV besteht. Zunächst: Auf einer HV eines Konzerns müssen die Fragen von Aktionären beantwortet werden. Auf Anfragen im Laufe des Jahres (vom BUND/Harry Block) gab die EnBW zurück, man könne diese Fragen z. Zt. nicht beantworten, man solle warten bis zu HV, dort könne man sie ja stellen. Denn wenn man diese Fragen jetzt beantwortete, hätten wir gegenüber den anderen Aktionären einen Vorteil …

Nun zur Präsenz/offline-HV: Transparente u. ä. wie jetzt hier waren nur vor dem HV-Versammlungsgebäude möglich.

[Die EnBW-Hauptversammlungen fanden bisher immer in einem Saal in Karlsruhe, dem Stammsitz der EnBW, statt – die virtuelle HV wurde aber wie letztes Jahr in einen Saal in Stuttgart abgehalten und live übertragen.]

  • Teilnehmen konnte nur eine Person, die sich zuvor an einem Stichtag schriftlich über die Aktie/n angemeldet hatte. Ich selbst habe keine Aktie, aber einzelne Aktien einer Person/Aktionärs konnten für die HV zusätzlich auf eine andere Person ohne eigene Aktie übertragen werden; so hatte ich immer eine Teilnahmemöglichkeit.
  • Es gab Eingangskontrollen genau wie im Flughafen: Nagelfeilen, Taschenmesserchen, Schirme, selbst ein Apfel usw. mussten hinterlegt werden …
  • Drinnen konnte man sich in eine Redeliste eintragen für 10 Min. Redezeit zum Darstellen eines Sachverhalts, weshalb man welche Fragen stellt …

Ich habe in den 10 Minuten meist ca. 40 Fragen für unterschiedliche Organisationen und BIs stellen können.

  • Nach jeweils 3 Reden kam eine Antwortrunde.
  • War man mit den Antworten nicht zufrieden, weil sie unzureichend oder unklar oder zu vage waren, konnte man sich nochmals in die Redeliste für dann weitere 3 Minuten eintragen.

Virtuelle/online-HV:

  • Teilnehmen kann nur eine Person, die sich zuvor an einem Stichtag über die Aktie/n angemeldet hatte. Zugangsdaten wurden dann wieder per Brief versendet. Die Übertragung des eigenen Zugangs an eine andere Person war, ebenfalls schriftlich, möglich, aber auch bei mehreren Aktien keine weitere.
  • Man hat 2 Tage vor der HV die Fragen in Internet einzeln einzugeben – in einer Länge, die das vorgegebene Eingabe-Kästchen ermöglicht.
  • Eine Nachfragemöglichkeit, falls die Antworten unzureichend oder zu vage oder unklar waren, gibt es nicht („nicht vorgeschrieben und zu teuer“ so die EnBW-Antwort soeben zu einer Frage).

Unterschiedliche Fragenbeantwortung

Präsenz/offline: „Herr/ Frau XY, Sie fragten nach …“, und dann kam vom jeweils zuständigen Vorstand die Antwort …

Virtuell/online: „Ein Aktionär/eine Aktionärsvereinigung [ohne Namen wg. Datenschutz – so die EnBW] hat die Frage gestellt …“, und dann kam/kommt vom jeweils zuständigen Vorstand die Antwort …

  • Andere Konzerne machen freiwillig ihre Hauptversammlungen öffentlich, die EnBW vertritt die Auffassung, sie sei nur den AktionärInnen vorbehalten. Man könne sich bei einem Interesse daran ja eine Aktie kaufen und dann teilnehmen.
  • In der virtuellen HV sehe man nur Vorteile, wurde soeben auf eine diesbezügliche Frage geantwortet: gesundheitlicher Schutz, alle altersbedingt- oder mobilitätseingeschränkte Aktionäre können so teilnehmen. Zudem ganz erhebliche CO2-Einsparungen und weniger Ressourcen-Verbrauch. Kosten deutlich geringer, weniger als die Hälfte einer Präsenz-HV.
  • Die Satzung solle möglichst so geändert werden, dass man auch künftig eine virtuelle HV durchführen könne, nicht automatisch, sondern jedes Jahr jeweils nach Entscheidung des Vorstands.

Soweit dazu. Ich gebe weiter: jetzt zum Inhaltlichen …

Hier folgt die Rede von Harry Block zur EnBW-HV 2022 – Hauptversammlung vor Ort

Zum dritten Mal findet die Hauptversammlung der EnBW nur im Netz statt. Wir protestieren heute dagegen, weil dies negative Folgen vor allem für das Auskunftsrecht von uns kritischen Aktionäre hat. Das wollen wir nicht hinnehmen, aber dazu wird der Rechtsanwalt Wolfram Treiber nachher etwas sagen.

Wir stehen heute auch hier, weil die Energiewende in Deutschland und die Klimaziele von Paris durch den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands von der Politik als Nebensache empfunden werden. Der drittgrößte Energiekonzern Deutschland, die EnBW, spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle.

Ich habe bestimmt an über 30 Hauptversammlungen der EnBW teilgenommen und dort eine Rede gehalten. Da gab es die HV 1986 direkt nach Tschernobyl, wo wir Ökos die Vorstände und Aufsichtsräte schon fast verzweifelt baten, ihre atomare und kohlebasierte Energieerzeugung in Richtung Erneuerbare rasch zu ändern. Wir wollten vor allem die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern auslaufen lassen und sofort die Risiken und Gefahren der Atomenergie beenden. Jedes Jahr haben wird dies danach wieder getan. Auch bei der HV 2011 direkt nach Fukushima appellierten wir Ökos wieder an die Vernunft – beim Atom zog die Bundesregierung den Stecker, bei Kohle und Gas nicht. Im Gegenteil, bei der letzten Hauptversammlung in Präsenz 2019 war die EnBW aus der kolumbianischen Kohle wg. eklatanten Menschenrechtsverletzungen ausgestiegen, um sich dann den russischen Oligarchen an den Hals zu werfen. Wir haben sie gewarnt. Dabei ging es uns nicht allein um die fast 100 %ige Abhängigkeit von Russland. Es ging uns um die fürchterlichen Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen im Kusbass, die dort die Kohle fördern.

Dies stieß auf keinerlei Reaktion bei Vorstand und Aufsichtsrat und dies bei einem zu fast 100 % dem Staat, also uns, gehörenden Unternehmen.

Ja, auch bei mir schleicht sich die Erkenntnis ein, dass meine traditionellen Gewissheiten nur noch begrenzt gelten können. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat alles an jahrzehntelang eingeübter Erklär-Routine bei mir nicht nur erschüttert. Es ist jetzt schon klar, dass das Endspiel der Fossilen länger dauern wird, als wir gedacht haben. RDK 7 wäre vor drei Monaten noch in diesem Jahr zu Stilllegung angemeldet worden. Jetzt Fehlanzeige. Die Spielregeln im Krieg sind andere, als wir Klimaschützer lange Zeit geglaubt haben. Aber wir wollen keine Milliarden für die Aufrüstung und für Nato-Kriege, sondern für eine für alle Menschen lebenswerte, soziale und gerechte Welt. Die Rettung des Klimas braucht keine Absichtserklärungen, sondern vor allem Geld.

Das Zukunftsmodell der EnBW leistet dazu wenig. Es war auch im Jahre 2021 vor dem Krieg aus ökologischer- und Klimasicht auf ganzer Linie gescheitert. Der Einsatz der Steinkohle an der Energieerzeugung hat sich 2021 um 41 % erhöht; der Anteil von den erneuerbaren Energien verringert. Ihre CO2-Intensität hat sich auf über 16 Millionen Tonnen Co2 in die Atmosphäre erhöht. Bei den indirekten Co2-Emissionen kamen nochmals 60 Millionen Tonnen hinzu. Man plant die klimapolitisch verheerende Umsetzung von Fuel-Switch-Projekten zur Umstellung von Kohle- auf fossile Gasbefeuerung an drei Standorten in Baden-Württemberg, anstatt auch die Windkraft und die Solarenergie an Land voranzutreiben BW hat flächenmäßig den geringsten Anteil an der Windkraft in Deutschland mit 0,2 %.

Das liegt am Geschäftsmodell der EnBW. Man setzt auf Gas und Kohle und auf den Ausbau ihrer gewinnbringenden Giganetze, anstatt auf regenerative Energien.

Als Erfolg bei Investitionen 2021 wird am Kraftwerksstandort in Forbach der erste von zwei Fischliften gefeiert. Der Standort Forbach wartet aber seit Jahren auf die Entscheidung zum Bau eines neuen Pumpspeicherwerks mit fast 100 MW Leistung.

Der größte Schatz bei uns in Baden liegt unter der Erde. Geothermie. Ein winziges Projekt in Bruchsal hat die EnBW in die Wege geleitet und sie wollen, das haben wir eben erfahren, auch eines am Rheinhafendampfkraftwerk bauen. Die guten Claims zur Gewinnung von Wärme und Strom im Rheingraben haben sich private Firmen und Investoren schon weitestgehend gesichert.

Wir haben die EnBW mit ihrer Tochterfirma VNG als Drittgrößter Gaskonzern davor gewarnt, auf Nordstream 2 zu setzen. Wir haben sie vor Jahren nach der Beendigung des Bezugs kolumbianischer Blutkohle davor gewarnt, diese einfach durch russische Oligarchen-Kohle aus dem Kusbass auszutauschen.

Und nun wohl wieder Kohle aus dem größten Tagebau Lateinamerikas, El Cerrejón heißt die Mine, die seit 2021 vollständig dem multinationalen Glencore-Konzern mit Sitz in der Schweiz gehört. Sie liegt auf dem Gebiet des indigenen Volks der Wayúu, die für die Kohle mit Waffengewalt von ihrem Boden vertrieben werden. Und Gas. Wir haben als BUND BW ein Gesamtkonzept für den Ausstieg aus den fossilen Energien vorgelegt, dessen Darlegung hier zu weit führen würde. Sie können es auf der BUND Homepage nachlesen. Es ist diametral anders als die Zukunftsvorstellungen bei der EnBW. Das umweltzerstörende Fracking-Gas aus den USA oder Gas aus der Diktatur Katar wird wohl für die drei geplanten Gaskraftwerke in BW eingesetzt werden. In KA braucht die EnBW noch nicht einmal mehr ein Genehmigungsverfahren, weil sie eine Altgenehmigung für den Bau eines Gaskraftwerkes RDK 6S besitzt.

Risikovorsorge war auch in Atomzeiten bei der EnBW unterentwickelt: Der Geschäftsbericht, der auf den Ukraine-Krieg schon eingeht, stellt aber fest: „Von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung werden 2022 voraussichtlich keine wesentlichen positiven oder negativen Einflüsse auf den Geschäftsverlauf unseres Unternehmens ausgehen.“ Aber alle ihre schon vor dem Ukraine-Krieg falschen Zukunftsszenarien kann die EnBW in die Tonne treten. Denn ihre wirtschaftliche Lage ist alles andere als rosig.

Ihre Gewinne verdanken sie dem Netzentgelten von uns Verbrauchern.

Pro Aktie ist 12 Euro wirkliches Kapital vorhanden. 78 Euro pro Aktie sind Schulden. Bei rund 280 Millionen Aktien ist das eine Menge Schulden. Aber die Dividende wurde gegen jede wirtschaftliche Vernunft wieder erhöht. Ihr Eigenkapitalanteil ist von 16 % auf knapp 11 % gesunken. In der freien Wirtschaft wäre man damit pleite.

Die Bewertungsagentur Fitch wurde letztes Jahr von der EnBW gefeuert, weil sie die EnBW schlechter bewerteten. Nun hat Moddy‘s wenige Monate nach dem Rauswurf von Fitch dessen Rating, die Abstufung, bestätigt, weil die starke Neuverschuldung den Konzern immer mehr investitionsunfähig macht.

Entgegen dem Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge lässt der Vorstand den defekten Atomreaktor Neckarwestheim II trotz Rissen in den Dampferzeugern weiter im Betrieb, und wir sind gespannt, was sie uns heute auf die Frage nach einem möglichen Weiterbetrieb antworten. EnBW-Chef Mastiaux hat eben auf der HV gesagt, falls die Politik wg. der Notlage bei Strom es wünscht, auch ergebnisoffen eine Weiterführung von Neckarwestheim zu prüfen. (Bei der Beantwortung der Fragen führte später Stamatelopoulos aus, dass eine Laufzeitverlängerung z. Zt. ausgeschlossen sei.)

Wir geben keine Zustimmung zur Entlastung des Vorstandes und schon gar nicht für den auch mit Grünen besetzten Aufsichtsrat.

Dieser Aufsichtsrat lässt zu, dass sich der Konzern weiter in Auslandsaktivitäten verzettelt, deren Risiken nicht abschätzbar sind.

Und eine seiner Großinvestitionen in der Türkei wird als weiterhin attraktiv dargestellt, obwohl die Verletzungen der Menschenrechte in der Türkei nicht abgenommen haben, wie die lebenslange Haft des türkischen Kulturförderer Osman Kavala aktuell beweist.

Das politische Gremium, das sitzen 2 GRÜNE drin, ignoriert und verstößt eklatant mit der Zustimmung zum Bau neuer Gaskraftwerke gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die VerfassungsrichterInnen haben die Forderungen des Weltklimarats verfassungsrechtlich verankert, indem sie feststellen, dass der Übergang zur Klimaneutralität jetzt radikal eingeleitet werden muss, wenn für künftige Generationen Freiheit im Handeln geschont und gesichert werden soll.

Die Netzgesellschaften bereiten angeblich die Netzinfrastruktur auf die Nutzung grünen Wasserstoffs vor. Gleichzeitig wird aber festgestellt, dass die Anforderungen der EU-Taxonomie an Gaskraftwerke zu anspruchsvoll seien, „um den Übergang in die Wasserstoffwirtschaft aus technologischer und wirtschaftlicher Sicht zu ermöglichen“.

Die in jeder Zeile des Rechenschaftsberichts spürbare Selbstbeweihräucherung erreicht mit der Feststellung einen Höhepunkt: „Mit 30 % im Gesamtgremium liegt der Frauenanteil im Aufsichtsrat der EnBW auf der gesetzlichen Mindestquote von 30 %“.

Aber die letzte Fehlentscheidung des Aufsichtsrates ist die Regelung der Nachfolge von Herrn Mastiaux. Der kannte das Energiegeschäft. Sein Nachfolger wird Andreas Schell, dem bisherigen Chef des Großmotorenherstellers Rolls­Royce Power Systems. Ein Extremsportler und Autofreak soll die Probleme eines Energiekonzerns richten. Das ist, wie wenn man einen Metzger zum Leiter der Veganen Abteilung von Alnatura bestellt. Die E-Mobilität, die der Konzern in höchsten Tönen mit seinen E-Tankstellen preist, ist eben genau nicht ein Beitrag zum Klimaschutz und schon gar nicht zur Verkehrswende.

Wir haben über 40 Fragen an die EnBW gestellt, die sich kritisch mit dem Konzern auseinandersetzen. Vorstand und Aufsichtsrat haben grundlos verhindert, dass die Auseinandersetzungen mit den Kritikern des Konzerns wieder nicht stattfinden. Vor allem der Aufsichtsrat unterstützt damit eine aktionärsunfreundliche Willkür seitens des Vorstands und der Verwaltung. Deswegen stehen wir heute hier. Ich danke euch, dass ihr mir zugehört habt und vor allem, dass ihr zu dieser Uhrzeit und bei diesem Wetter gekommen seid.

Alternative, kritische Präsenz-Hauptversammlung der EnBW in Karlsruhe

Medienmitteilung Karlsruhe, den 2. Mai 2022
Wir laden ein: Am Donnerstag, dem 5. Mai, 14 Uhr,
EnBW Zentrale Durlacher Allee 93 vor dem Haupteingang,
werden die Anti-Atom-Initiative Karlsruhe, die Bürgerinitiative‚ Müll und Umwelt e.V.‘ und
der BUND Karlsruhe eine Präsenz-Hauptversammlung abhalten, da die diesjährige HV der
EnBW grundlos wieder nur im Internet stattfindet.

Wir protestieren gegen das Aushebeln der Rechte der Aktionär:innen, weil die aktionärsunfreundliche Willkür die Möglichkeit zu (Nach-)Fragen aller interessierten Aktionär:innen aushebelt.
Wir protestieren: Weil aus ökologischer- und Klimasicht das Zukunftsmodell der EnBW im Jahre 2021 auf ganzer Linie gescheitert ist. Zum Beispiel: Der Einsatz der Steinkohle an der
Energieerzeugung hat sich 2021 um 41 % erhöht, der von den erneuerbaren Energien
verringert. Die EnBW plant an drei Standorten in Baden- Württemberg die klimapolitisch
verheerende Umsetzung von Fuel-Switch-Projekten zur Umstellung von Kohle- auf
fossile Gasbefeuerung an drei Standorten in Baden-Württemberg.
Die Risikovorsorge der EnBW taugt nichts. Dies galt auch schon vor dem Ukraine-
Krieg. Ihre Zukunftsszenarien brachte die EnBW in die totale Abhängigkeit von
russischen Kohle- und Gasimporten – wie von uns vorhergesagt.
Das Ergebnis vor Ertragsteuern (EBT) verschlechterte sich dramatisch gegenüber
2020.
Zukunftsinvestitionen in regenerative Energien wie das Pumpspeicherwerk Forbach
werden verschleppt.
….
Dies und noch viel mehr werden wir vor Ort der Öffentlichkeit darlegen.
Ansprechpartner: Harry Block